winter/zima 2006/2007 Es ist immer das Gleiche ... - Pavlova hiša
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einen Fez. 9 Die Juden mussten täglich schwere<br />
Grabungsarbeiten le<strong>ist</strong>en und erhielten nur unzureichende<br />
<strong>Es</strong>sensrationen. Die Behandlung<br />
durch die Wachmannschaften (häufig SS-Soldaten)<br />
war oft sehr brutal, Prügel für die Juden<br />
waren häufig. Auf Grund der katastrophalen<br />
hygienischen Zustände und der folgenden<br />
Läuseplage brach im Februar 1945 auch im<br />
Lager Neuhaus am Klausenbach eine Flecktyphusepidemie<br />
aus. Von den deutschen (österreichischen)<br />
Ärzten durften die Juden nicht<br />
behandelt werden. <strong>Es</strong> gab zwar jüdische Ärzte<br />
für die Stellungsbauarbeiter, aber diesen standen<br />
kaum Medikamente zur Verfügung, so<strong>das</strong>s<br />
sich die Krankheit <strong>immer</strong> weiter ausbreitete. 10<br />
Die Gräber von vier in Neuhaus am Klausenbach<br />
verstorbenen ungarisch-jüdischen Stellungsbauarbeitern<br />
auf dem katholischen Friedhof<br />
erinnerten noch Jahre später daran. Zwei<br />
von ihnen sind namentlich bekannt: der 22jährige<br />
Josef Führer (gestorben am 13. März<br />
1945) und der 41-jährige Alexander Heller<br />
(gestorben am 14. März 1945). 11 Beide starben<br />
im katholischen Pfarrhof von Neuhaus<br />
am Klausenbach (damals Haus-Nr. 65), wo sie<br />
zuvor von Dr. Ludwig Korai (vermutlich ein<br />
jüdischer Arzt) vergeblich betreut wurden.<br />
Der katholische Pfarrer Stephan Berger hatte<br />
9 Eleonore Lappin, Die Rolle der Waffen-SS beim Zwangsarbeitseinsatz<br />
ungarischer Juden im Gau Steiermark und bei den Todesmärschen<br />
ins KZ Mauthausen (1944/45), in: Dokumentationsarchiv<br />
des österreichischen Widerstandes (Hg.), Jahrbuch<br />
2004, Schwerpunkt Mauthausen. Münster 2004, S. 88; Szabolcs<br />
Szita, Zwangsarbeit, Todesmärsche, Überleben durch Hilfe. Die<br />
österreichische Bevölkerung in der Erinnerung der ungarischen<br />
Deportierten und politischen Häftlinge 1944–1945. Budapest<br />
2004, S. 119f.<br />
10 LG Graz, Vg 7c Vr 869/46. Frau Dr. Eleonore Lappin vom Institut<br />
für Geschichte der Juden in Österreich in St. Pölten bzw.<br />
Wien sei für diesen und andere wichtige Hinweise herzlich gedankt.<br />
11 Yad Vashem 05/89.<br />
Auch im nahen Bonisdorf, wo ebenfalls ein Lager für ungarischjüdische<br />
Zwangsarbeiter war, blieben zwei Feldgräber zurück.<br />
Die Gräber in Kalch und Krottendorf werden im Zuge dieses<br />
Aufsatzes noch näher beschrieben.<br />
Eine Begegnung – oder „Wer <strong>immer</strong> ein Menschenleben rettet ...“<br />
eine größere Zahl erkrankter Juden im Pfarrhof<br />
aufgenommen. 12 Seine Schwester Theresia<br />
Berger (die Pfarrersköchin) sorgte ebenfalls<br />
für die Kranken und wurde schließlich<br />
selbst ein Flecktyphus-Opfer. Sie verstarb am<br />
3. April 1945 – wenige Tage nach dem Einmarsch<br />
der sowjetischen Truppen.<br />
Die Begegnung. Die ungarisch-jüdischen<br />
Zwangsarbeiter marschierten auf ihrem täglichen<br />
Weg von den Schulgebäuden in Neuhaus<br />
am Klausenbach zu ihrem Arbeitsplatz<br />
auch am Geschäft von Rosa Freißmuth vorbei.<br />
Die Juden wurden zwar bewacht, aber <strong>das</strong> Lager<br />
war auch in Neuhaus durchlässig. Einzelne<br />
Juden verließen dieses in der Nacht, um Lebensmittel<br />
zu organisieren.<br />
Eines Nachts läutete ein junger Jude aus dem<br />
Arbeitslager am Geschäft. Rosa Freißmuth<br />
sah sofort, wer da vor ihr stand. Da gerade ein<br />
SS-Mann im Geschäft war, packte sie den Juden<br />
an seiner schmutzigen Jacke, versteckte<br />
ihn in einem Nebenraum und gebot ihm, still<br />
zu sein. Als der SS-Mann gegangen war, gab<br />
sie dem jungen Juden dann Brot und Medikamente<br />
gegen Fieber für seinen ebenfalls im Lager<br />
befindlichen kranken Vater. 13<br />
Rosa Freißmuth versorgte den jüdischen<br />
Zwangsarbeiter noch mehrmals mit Nahrung<br />
und Medikamenten, die sie in der Nähe des<br />
Geschäftes im Schnee versteckte. 14 Sie half<br />
12 Sterbebuch des Standesamtes Neuhaus am Klausenbach; Szabolcs<br />
Szita, Zwangsarbeit, Todesmärsche, Überleben, S. 119.<br />
13 Yad Vashem, Testimony (Zeugnis) für Rosa Schreiber von Alan<br />
A. Brown (18.9.1995).<br />
14 Israel Gutmann – Sara Bender – Daniel Fraenkel – Jakob Borut<br />
(Hg.), Lexikon der Gerechten unter den Völkern. Göttingen<br />
2005, S. 358f. – Zwei Angaben in diesem Buch sind allerdings<br />
zu berichtigen: Rosa Freißmuth (Schreiber) war nicht Inhaberin<br />
einer Apotheke, sondern einer Gemischtwarenhandlung, in der<br />
sie offenbar auch einige Medikamente vertrieb. Die Auszeichnung<br />
als „Gerechte unter den Völkern“ wurde ihr nicht 1977,<br />
sondern erst 1997 (posthum) verliehen.<br />
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