30.09.2013 Aufrufe

winter/zima 2006/2007 Es ist immer das Gleiche ... - Pavlova hiša

winter/zima 2006/2007 Es ist immer das Gleiche ... - Pavlova hiša

winter/zima 2006/2007 Es ist immer das Gleiche ... - Pavlova hiša

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

einen Fez. 9 Die Juden mussten täglich schwere<br />

Grabungsarbeiten le<strong>ist</strong>en und erhielten nur unzureichende<br />

<strong>Es</strong>sensrationen. Die Behandlung<br />

durch die Wachmannschaften (häufig SS-Soldaten)<br />

war oft sehr brutal, Prügel für die Juden<br />

waren häufig. Auf Grund der katastrophalen<br />

hygienischen Zustände und der folgenden<br />

Läuseplage brach im Februar 1945 auch im<br />

Lager Neuhaus am Klausenbach eine Flecktyphusepidemie<br />

aus. Von den deutschen (österreichischen)<br />

Ärzten durften die Juden nicht<br />

behandelt werden. <strong>Es</strong> gab zwar jüdische Ärzte<br />

für die Stellungsbauarbeiter, aber diesen standen<br />

kaum Medikamente zur Verfügung, so<strong>das</strong>s<br />

sich die Krankheit <strong>immer</strong> weiter ausbreitete. 10<br />

Die Gräber von vier in Neuhaus am Klausenbach<br />

verstorbenen ungarisch-jüdischen Stellungsbauarbeitern<br />

auf dem katholischen Friedhof<br />

erinnerten noch Jahre später daran. Zwei<br />

von ihnen sind namentlich bekannt: der 22jährige<br />

Josef Führer (gestorben am 13. März<br />

1945) und der 41-jährige Alexander Heller<br />

(gestorben am 14. März 1945). 11 Beide starben<br />

im katholischen Pfarrhof von Neuhaus<br />

am Klausenbach (damals Haus-Nr. 65), wo sie<br />

zuvor von Dr. Ludwig Korai (vermutlich ein<br />

jüdischer Arzt) vergeblich betreut wurden.<br />

Der katholische Pfarrer Stephan Berger hatte<br />

9 Eleonore Lappin, Die Rolle der Waffen-SS beim Zwangsarbeitseinsatz<br />

ungarischer Juden im Gau Steiermark und bei den Todesmärschen<br />

ins KZ Mauthausen (1944/45), in: Dokumentationsarchiv<br />

des österreichischen Widerstandes (Hg.), Jahrbuch<br />

2004, Schwerpunkt Mauthausen. Münster 2004, S. 88; Szabolcs<br />

Szita, Zwangsarbeit, Todesmärsche, Überleben durch Hilfe. Die<br />

österreichische Bevölkerung in der Erinnerung der ungarischen<br />

Deportierten und politischen Häftlinge 1944–1945. Budapest<br />

2004, S. 119f.<br />

10 LG Graz, Vg 7c Vr 869/46. Frau Dr. Eleonore Lappin vom Institut<br />

für Geschichte der Juden in Österreich in St. Pölten bzw.<br />

Wien sei für diesen und andere wichtige Hinweise herzlich gedankt.<br />

11 Yad Vashem 05/89.<br />

Auch im nahen Bonisdorf, wo ebenfalls ein Lager für ungarischjüdische<br />

Zwangsarbeiter war, blieben zwei Feldgräber zurück.<br />

Die Gräber in Kalch und Krottendorf werden im Zuge dieses<br />

Aufsatzes noch näher beschrieben.<br />

Eine Begegnung – oder „Wer <strong>immer</strong> ein Menschenleben rettet ...“<br />

eine größere Zahl erkrankter Juden im Pfarrhof<br />

aufgenommen. 12 Seine Schwester Theresia<br />

Berger (die Pfarrersköchin) sorgte ebenfalls<br />

für die Kranken und wurde schließlich<br />

selbst ein Flecktyphus-Opfer. Sie verstarb am<br />

3. April 1945 – wenige Tage nach dem Einmarsch<br />

der sowjetischen Truppen.<br />

Die Begegnung. Die ungarisch-jüdischen<br />

Zwangsarbeiter marschierten auf ihrem täglichen<br />

Weg von den Schulgebäuden in Neuhaus<br />

am Klausenbach zu ihrem Arbeitsplatz<br />

auch am Geschäft von Rosa Freißmuth vorbei.<br />

Die Juden wurden zwar bewacht, aber <strong>das</strong> Lager<br />

war auch in Neuhaus durchlässig. Einzelne<br />

Juden verließen dieses in der Nacht, um Lebensmittel<br />

zu organisieren.<br />

Eines Nachts läutete ein junger Jude aus dem<br />

Arbeitslager am Geschäft. Rosa Freißmuth<br />

sah sofort, wer da vor ihr stand. Da gerade ein<br />

SS-Mann im Geschäft war, packte sie den Juden<br />

an seiner schmutzigen Jacke, versteckte<br />

ihn in einem Nebenraum und gebot ihm, still<br />

zu sein. Als der SS-Mann gegangen war, gab<br />

sie dem jungen Juden dann Brot und Medikamente<br />

gegen Fieber für seinen ebenfalls im Lager<br />

befindlichen kranken Vater. 13<br />

Rosa Freißmuth versorgte den jüdischen<br />

Zwangsarbeiter noch mehrmals mit Nahrung<br />

und Medikamenten, die sie in der Nähe des<br />

Geschäftes im Schnee versteckte. 14 Sie half<br />

12 Sterbebuch des Standesamtes Neuhaus am Klausenbach; Szabolcs<br />

Szita, Zwangsarbeit, Todesmärsche, Überleben, S. 119.<br />

13 Yad Vashem, Testimony (Zeugnis) für Rosa Schreiber von Alan<br />

A. Brown (18.9.1995).<br />

14 Israel Gutmann – Sara Bender – Daniel Fraenkel – Jakob Borut<br />

(Hg.), Lexikon der Gerechten unter den Völkern. Göttingen<br />

2005, S. 358f. – Zwei Angaben in diesem Buch sind allerdings<br />

zu berichtigen: Rosa Freißmuth (Schreiber) war nicht Inhaberin<br />

einer Apotheke, sondern einer Gemischtwarenhandlung, in der<br />

sie offenbar auch einige Medikamente vertrieb. Die Auszeichnung<br />

als „Gerechte unter den Völkern“ wurde ihr nicht 1977,<br />

sondern erst 1997 (posthum) verliehen.<br />

103

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!