winter/zima 2006/2007 Es ist immer das Gleiche ... - Pavlova hiša
winter/zima 2006/2007 Es ist immer das Gleiche ... - Pavlova hiša
winter/zima 2006/2007 Es ist immer das Gleiche ... - Pavlova hiša
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
In Bezug auf die Steiermark und Graz kann<br />
man diesbezüglich nur Folgendes anmerken:<br />
In den Bezirken Radkersburg, Leibnitz und<br />
Deutschlandsberg gibt es zwar mittlerweile<br />
an einigen wenigen Volks- und Hauptschulen<br />
Slowenisch als Freigegenstand, dennoch sollte<br />
im Sinne der bereits erwähnten europäischen<br />
Forderung nach Gesellschaftlicher Mehrsprachigkeit<br />
diese Möglichkeit erweitert werden.<br />
In Graz gibt es Slowenisch-Sprachkurse an der<br />
Universität, an der Volkshochschule, am WIFI,<br />
am Europazentrum und auch an anderen privaten<br />
Institutionen, aber an öffentlichen Grazer<br />
Schulen (Volksschule, Hauptschule, Gymnasium)<br />
gibt es diesbezüglich noch <strong>immer</strong><br />
kein Angebot.<br />
Trotz gemeinsamen kulturellen Erbes, der slowenischen<br />
Volksgruppe in der Steiermark und<br />
des EU-Beitritts Sloweniens, schafft man es<br />
nicht, <strong>das</strong> „Naheliegendste“ zu unternehmen,<br />
um der gemeinsamen Geschichte, Sprache<br />
und Kultur einen gebührenden Stellenwert zu<br />
geben.<br />
Deshalb <strong>ist</strong> es nicht verwunderlich, wenn man<br />
auch in der renommierten Kulturzeitschrift<br />
Falter von „Slowenen-Machern“ liest: „Wie<br />
wohlmeinende Grazer eine Minderheit erfanden<br />
– und an ihrem Erfolg scheiterten. […]<br />
Dass die Bewohner der fünf Dörfer [im Radkersburger<br />
Winkel: Dedenitz/Dedonci, Sicheldorf/Žetinci,<br />
Zelting/Zenkovci, Laafeld/<br />
Potrna, Goritz/Gorica] sich nach der Auflösung<br />
des Vielvölkerstaates im nun deutschsprachigen<br />
Österreich für die deutsche Sprache<br />
entschieden, kann durchaus als rational<br />
durchgehen und findet entsprechenden Respekt<br />
– zumal sie <strong>immer</strong> häufiger ins deutschsprachige<br />
Radkersburg zur Arbeit fuhren,<br />
Kulturelles Erbe?<br />
statt wie ihre Altvorderen auf den nebligen<br />
Äckern Kürbisse zu zertrümmern und dabei<br />
slowenische Volkslieder zu singen.“ 15 Der Autor<br />
dieser Zeilen, Norbert Mappes-Niediek,<br />
beschreibt steirisch-slowenische Vorfahren zynisch<br />
als „singende Kürbiszertrümmerer“; dies<br />
zeugt von nihil<strong>ist</strong>ischer Respektlosigkeit gegenüber<br />
dem slowenischen kulturellen Erbe.<br />
War und <strong>ist</strong> nur <strong>das</strong> technische Verhältnis zur<br />
Sprache, ihre wirtschaftliche Nutzbarkeit von<br />
Bedeutung? Sind die österreichischen Sprachminderheiten<br />
im Gegensatz zur deutschsprachigen<br />
Mehrheit nur mehr eine langsam<br />
verschwindende Reminiszenz des kulturgeschichtlichen<br />
Erbes der Donaumonarchie?<br />
Dennoch sucht man nach Wurzeln, nach h<strong>ist</strong>orischen<br />
Zugehörigkeitssymbolen eines – gemeinsamen<br />
– Europaverständnisses, durch <strong>das</strong><br />
wir uns ein Gedächtnis schaffen und uns eine<br />
gemeinsame Zukunft eröffnen können.<br />
Nach Habermas sollte der Kern einer europäischen<br />
Identität die Konzeption eines kritischen<br />
Dialoges und der Reflexivität sein, die<br />
auch marginale Stimmen mit einbezieht. 16<br />
In diesem Sinne hofft die Autorin, <strong>das</strong>s auch<br />
die Stimmen von Sprachminderheiten im europäischen<br />
Globalisierungsprozess als Chance<br />
gesehen werden, indem sich <strong>das</strong> kulturelle<br />
Erbe und Gedächtnis Europas erneuert, ohne<br />
sein „marginales“ Gesicht zu verlieren.<br />
15 Norbert Mappes-Niediek, Die Slowenen-Macher, in: Falter Steiermark,<br />
7.3.2005 .<br />
16 Vgl. Heidereich, Identität und Öffentlichkeit in Europa, S.3.