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winter/zima 2006/2007 Es ist immer das Gleiche ... - Pavlova hiša

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Kulturelles Erbe?<br />

Rezka Kanzian<br />

Kulturelles Erbe?<br />

Das „slowenische“ Graz, ein provokanter Titel, wenn man bedenkt, <strong>das</strong>s Graz als die „südlichste<br />

deutsche Stadt“ der österreichischen Reichshälfte der Donaumonarchie bezeichnet wurde. „Man<br />

verstand sich als Außenposten des Deutschtums und münzte dieses Selbstverständnis in die Rolle<br />

des Bollwerks gegen die slawische Welt um. Bezug nehmend auf die Zuwanderung aus nicht<br />

deutschsprachigen Gebieten in die Landeshauptstadt wurde die Gefahr einer Herabdrückung der<br />

Kulturhöhe der Grazer beschworen.“ 1 In der Habsburgermonarchie wurde „Deutschtum“ mit angeborener<br />

kultureller Höherwertigkeit gleichgesetzt, und <strong>das</strong> Aufbegehren der so genannten geschichtslosen<br />

Völker bedrohte die deutsche Kulturnation.<br />

Neben den Universitäten in Wien, Prag und Krakau gehörte auch die Universität in Graz – seit<br />

den 1830er Jahren – zu den etablierten deutschen Hochschulen der Donaumonarchie, und an<br />

diesen Hochburgen der „deutschen Intelligenzija“ 2 wurden Mitte des 19. Jahrhunderts Lehrstühle<br />

für Slaw<strong>ist</strong>ik (Wien 1849, Graz 1871) eingerichtet; die dort lehrenden Professoren spielten eine<br />

wichtige gesellschafts-politische Rolle, denn mit der Slaw<strong>ist</strong>ik „erhielten die einzelnen slawischen<br />

Sprachen eine wissenschaftliche Begründung ihrer Individualität und ihrer Beziehungen und<br />

Stellungen zueinander, und sie wurden gleichrangig behandelt, d. h. sie wurden jenen der staatstragenden<br />

Völker gleichgestellt. [...] So wurde die Sprachwissenschaft ein wichtiges Kriterium bei<br />

der Affirmation der nationalen Identität, denn sie stand außer Streit.“ 3<br />

Der Grazer Slaw<strong>ist</strong> Karel Štrekelj (1859–1912) war ein Pionier auf dem Gebiet der slowenischen<br />

Sprachwissenschaft und Ethnologie, er hatte auf Grund seiner wissenschaftlichen Arbeiten großen<br />

Einfluss auf die Entwicklung der slowenischen Sprache und Kultur. Štrekelj erkannte, <strong>das</strong>s <strong>das</strong><br />

Überdauern und Überleben einer Sprache vor allem in der mündlich tradierten Volksliteratur,<br />

die Fähigkeit, sich weiter zu entwickeln nur in einer Symbiose von Volkssprache und sprachwissenschaftlicher<br />

Erkenntnisse liegt. Mit seiner Sammlung Slovenske narodne pesmi/Slowenische<br />

1 Stefan Karner, Die Steiermark im 20. Jahrhundert. Graz 2005, S.44.<br />

2 Das Wort Intelligenzija (russisch интеллигенция) steht für die Gesamtheit der Intellektuellen in Russland bzw. in der UdSSR.<br />

3 Katja Sturm-Schnabl, Die Rolle der Literatur- und Sprachwissenschaften bei der Affirmation der slowenischen nationalen Identität, in:<br />

Trans Internet-Zeitschrift für Kulturwissenschaften, Nr. 6 (1998) .

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