winter/zima 2006/2007 Es ist immer das Gleiche ... - Pavlova hiša
winter/zima 2006/2007 Es ist immer das Gleiche ... - Pavlova hiša
winter/zima 2006/2007 Es ist immer das Gleiche ... - Pavlova hiša
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
vergeblich auf einer Landkarte der Gegenwart<br />
suchen würde. Und die es dennoch gibt, die<br />
Zeugen einer europäischen Erbschaft sind.<br />
Mit politischen Zusammenhängen hat mein<br />
Pannonien nichts zu tun. Umso mehr aber mit<br />
h<strong>ist</strong>orischen Ursprüngen, mit einem Gleichklang<br />
der Lebensführung. Bis heute <strong>ist</strong> die<br />
altüberlieferte Art im ganzen pannonischen<br />
Raum, wie man etwa die bäuerliche – und leider<br />
stark schrumpfende – Selbstversorgung<br />
verwirklicht, wie man Acker und Weingarten<br />
bestellt, wie Körbe geflochten oder Krüge geformt<br />
werden, weitgehend gleich, völlig unabhängig<br />
davon, ob man seine Beobachtungen<br />
etwa im Heanzenland, im slowenischen Übermurgebiet,<br />
in der Unteren Wart im Eisenburgischen<br />
oder im pannonischen Teil Kroatiens<br />
gemacht hat.<br />
Eine wesentliche Eigenschaft Pannoniens <strong>ist</strong><br />
die Mehrsprachigkeit. Sie war nie abgrenzend,<br />
weil die pannonische Lebens- und Wesensart<br />
stets unabhängig von der sprachlichen Zugehörigkeit<br />
des Bewohners der Region war. In<br />
Pannonien werden vier Sprachen gesprochen:<br />
Ungarisch, Deutsch, Slowenisch und Kroatisch.<br />
Keine dieser vier Sprachen wird nur in<br />
der Region verwendet, wodurch Pannonien<br />
keine eigene sprachliche Identität aufwe<strong>ist</strong>.<br />
Zur sprachlichen Vielfalt des pannonischen<br />
Raumes gehören auch die vielen Sprachinseln<br />
der Region, wie etwa die deutschen,<br />
kroatischen und slowenischen Dörfer Westungarns,<br />
die kroatischen und ungarischen<br />
Ortschaften des Burgenlandes oder die grenzüberschreitenden<br />
Sprachgebiete, wie <strong>das</strong> um<br />
Lendava (ung. Alsòlendava, deutsch Unterlimbach)<br />
liegende ungarische Siedlungsgebiet<br />
im slowenischen Pomurje.<br />
Ein denkender und fühlender Pannonier<br />
Das viersprachige Pannonien hat eine einzige<br />
sprachliche Gemeinschaft, den spürbaren<br />
Gleichklang in der Tonfärbung, eine gewisse<br />
gemeinsame Sprachmelodie. Das dauerhafte<br />
Nebeneinanderleben ließ gegenseitige Einwirkungen<br />
entstehen, selbst dort, wo die Sprachen<br />
miteinander absolut nicht verwandt sind. Diese<br />
„Affinisation“ erfasste in unserer Region<br />
<strong>das</strong> nichtindogermanische Ungarisch ebenso<br />
wie <strong>das</strong> slawische Slowenisch oder die deutsche<br />
Mundart der Heanzen. Somit treten an<br />
den sprachlichen Schnittstellen Pannoniens<br />
offensichtlich andere „Verwandtschaften“ als<br />
sprachliche zutage, vor allem Beziehungen der<br />
Mentalität oder der Volkskunst, wie etwa der<br />
Volksmusik, die über die Sprachgrenzen hinweg<br />
wirksam und vielleicht auch tiefer greifender<br />
sind als diese.<br />
In meinem langen Leben traf ich eine einzige<br />
Persönlichkeit, die alle vier in Pannonien gesprochenen<br />
Sprachen nicht nur auf akademischem<br />
Niveau, sondern auch mit dem Fachwissen<br />
des Lingu<strong>ist</strong>en beherrschte. <strong>Es</strong> war Dr.<br />
August Pavel, Sohn des pannonischen Kernraumes,<br />
der an der steirisch-slowenischen-ungarischen<br />
Überschneidung liegt. Schauplatz<br />
meiner Begegnung mit diesem gebildeten und<br />
feinsinnigen Pannonier war <strong>das</strong> damalige „königliche-ungarische<br />
Faludy Ferenc Gymnasium“<br />
in Szombathely (Steinamanger). Ich<br />
drückte die Schulbank der fünften Klasse,<br />
als wir in Vertretung unseres erkrankten und<br />
betagten Deutschprofessors eine Vertretung<br />
bekamen. Sein Name war Dr. Pável Ágoston<br />
– so lautete die ungarische Schreibweise des<br />
ursprünglich slowenischen Namens.<br />
Pavel sprach recht gut Deutsch und gestaltete<br />
einen guten Unterricht, obwohl er für die<br />
13