PDF-Dokument - Burschenschaftsgeschichte
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I. Teil Konfliktfeld: Staat – Gesellschaft – Landsmannschaften in Landshut von 1800 bis 1826 110<br />
der Behandlung Frankreichs durch die Alliierten und der Einbeziehung Bayerns in den<br />
Deutschen Bund vertrat er der regierungsoffiziösen bayerischen Haltung gegenüber<br />
weitgehend entgegengesetzte Standpunkte. Territorial neigte er zu Maximalforderungen,<br />
die nicht nur die Mittelstaaten als unmittelbar Betroffene verschreckten, sondern auch die<br />
Großmächte gegen die bayerischen „Großmachtpläne“ auf den Plan riefen. So forderte er<br />
– aus dynastischen Gründen, aber auch aus dem Wunsch heraus, Frankreich vom Rhein<br />
fernzuhalten sowie es generell territorial zu schwächen – die Rückgabe des Elsaß, die<br />
Rückgewinnung der rechtsrheinischen Pfalz auf dem Wege eines Erbanfalls und<br />
entgegen früheren Beteuerungen den Verbleib Salzburgs (zumindest der Stadt) bei<br />
Bayern. Daß alle diese Pläne letztlich scheiterten, kann zunächst als Beleg für den<br />
fehlenden politischen Einfluß des Kronprinzen sowohl in Wien wie auch in Paris anläßlich<br />
des Ersten und Zweiten Pariser Friedens gelten und auch für das Einvernehmen, das<br />
unter den Großmächten herrschte, bayerischen Großmachtplänen entgegenzutreten.<br />
Der schonenden, auf Einbindung bedachten Pazifikationspolitik dem besiegten Frankreich<br />
gegenüber setzte Ludwig die schon von nationaler Egozentrik diktierte<br />
Konfrontationspolitik des späten 19. Jahrhunderts entgegen. Diese zeitfremden<br />
Forderungen, mit denen er sowohl Wrede, Max Joseph, Montgelas wie auch Kaiser Franz<br />
und andere konfrontierte, hatten politisch keinerlei Folgen und erzeugten bei Max Joseph<br />
allenfalls Unbehagen und ließen in ihm den Verdacht einer geheimen Mitgliedschaft<br />
seines Sohnes im Tugendbund aufkeimen. Von daher war Max Joseph bestrebt, gerade<br />
anläßlich ihres Aufenthaltes in Wien seinen Sohn von der offiziellen Politik fernzuhalten. 312<br />
Hinsichtlich der Konzeption einer deutschen Bundesverfassung trat Ludwig nicht nur auf<br />
Anregung Steins mit einem eigenen Entwurf an die Öffentlichkeit, sondern formulierte<br />
darin anläßlich eines Gesprächs mit Stein einen weitgehenden bayerischen Verzicht auf<br />
eine eigenständige bayerische Außenpolitik, wozu es für sich allein genommen zu<br />
schwach sei. Zudem bedürfe Bayern, so der Kronprinz, der Einbindung in einen<br />
umfassenden Verfassungsrahmen. Nicht zuletzt mit derartigen Äußerungen neben seinen<br />
liberalen Verfassungsgedanken und staatsrechtlichen Vorstellungen setzte sich Ludwig in<br />
Widerspruch zu bayerischen Souveränitäts- und Staatsinteressen. 313<br />
312<br />
313<br />
vgl. Gollwitzer, Heinz: München 1986, S.167-183. (vgl. S.117 Fußnote 282)<br />
vgl. Gruner, Wolf D.: Die Deutsche Politik Ludwig I. S.449-460. In: ZBLG 49 (1986)