PDF-Dokument - Burschenschaftsgeschichte
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II. Teil Konfliktfeld: Staat – Gesellschaft – Burschenschaft in München von 1826 bis 1833 219<br />
erhärtete. Allerdings unterschied sich die bayerische Herangehensweise deutlich von den<br />
preußischen Gepflogenheiten oder etwa derer in Frankfurt, wonach allein die<br />
Mitgliedschaft in einer hochverräterischen Verbindung, wie es die Burschenschaft per<br />
Definitionen darstellten, eine entsprechende Anklage nach sich zogen. 678<br />
Von acht ehemaligen mit dem Wachensturm in Frankfurt in Zusammenhang Münchener<br />
Germanen gelang sechs die Flucht (Körner, Engelmann, Cunradi alle nach Amerika, von<br />
Welz, Kolligs in die Schweiz, Rohloff nach Frankreich), Pfretschner und Handschuh<br />
wurden verhaftet, wobei Handschuh am 10.1.1837 die Flucht aus dem Gefängnis<br />
gelang. 679 Während sich Handschuh in die Schweiz absetzen konnte, wurde Pfretschner<br />
hingegen an Bayern ausgeliefert, am 30. Juli 1838 zu lebenslänglicher Festungshaft<br />
verurteilt, um schließlich nach erneuter Revision (23. Juni 1839) in Freiheit gesetzt zu<br />
werden. 680<br />
Aber nicht nur der Tatbestand, was eine hochverräterische Verbindung sei, hatte eine je<br />
nach Gerichtsstand unterschiedliche Behandlung, sondern nach erfolgter Erkenntnis<br />
dahingehend kamen entsprechend den landesüblichen Kriminalgesetzen unterschiedliche<br />
Strafmaße zur Anwendung. Hierbei ist ein Nord-Süd-Gefälle im Hinblick auf die Härte der<br />
dabei verhängten Strafzubemessungen zu beobachten. Am härtesten verfuhr das<br />
preußische Kammergericht in Berlin, welches bei 204 „Inquisiten“ 39 Todesstrafen<br />
verhängte, die sie allerdings im Falle von 35 „nicht geschärften“ Urteilen in 30jährige<br />
Haftstrafen umwandelte (darunter der Münchener Germane Guitienne 681 ) und im Falle der<br />
vier „qualifizierten“ Urteile lebenslängliche Haftstrafen verfügte. 682<br />
Vergleichsweise milde verfuhren dagegen die bayerischen Gerichte: Das Kreis- und<br />
Stadtgericht München in erster Instanz sowie das Landshuter Appellationsgericht als<br />
Revisionsinstanz zogen ab dem 5. April 1832 sukzessive insgesamt 38 Verdächtige vor<br />
Gericht 683 (die meisten Studierenden befanden sich zu diesem Zeitpunkt allerdings in den<br />
Osterferien). Parallel dazu reagierte das bayerische Innenministerium sehr schnell auf die<br />
Ereignisse in Frankfurt mit einem Erlaß am 15. April 1833, worin eine Ächtung aller<br />
verbotenen Verbindungen angehöriger Studierender (Germania, Arminia, Teutonia,<br />
678<br />
679<br />
680<br />
681<br />
682<br />
683<br />
vgl. Wehner, Philipp: München 1917, S. 98. Vgl. auch Ilse, Leopold: Frankfurt 1860, S. 367<br />
vgl. Gerber, Harry. In: QuD/XIV, S. 204-206<br />
vgl. Wehner, Philipp: München 1917, S. 102. Vgl. auch Ilse, Leopold: Frankfurt 1860, S. 365<br />
vgl. Wehner, Philipp: München 1917, S. 99. Wehner zählt unter die Münchener Germanen auch<br />
Brüggemann, der allerdings nicht wegen seiner Münchener, sondern wegen seiner Heidelberger<br />
Zugehörigkeit zu den Germanen mit demselben Strafmaß wie Guitienne belegt wurde.<br />
vgl. Ilse, Leopold: Frankfurt 1860, S. 368<br />
vgl. MInn 45836. Vgl. auch Wehner, Philipp: München 1917, S. 100. Hier findet sich der Abdruck der<br />
gesamten Namensliste, welche allerdings zur Erhellung des Gesamtvorgangs keinen weiteren<br />
Beitrag liefert.