PDF-Dokument - Burschenschaftsgeschichte
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II. Teil Konfliktfeld: Staat – Gesellschaft – Burschenschaft in München von 1826 bis 1833 209<br />
innerhalb dessen Ziele und Strategien der liberalen Opposition formuliert und gebündelt,<br />
die handlungsorientierten Mitglieder über die Landesgrenzen hinweg organisatorisch<br />
erfaßt und zudem das Bewußtsein vermittelt wurde, „Teil einer kräftigen und verbreiteten<br />
Bewegung“ zu sein. In dieser Eigenschaft bildete der Preßverein das wichtigste<br />
Verbindungsstück vom Übergang des Vereinswesens des 18. Jahrhunderts auf das<br />
Parteiwesen des 19. Jahrhunderts. Elementare Bewußtseinsinhalte entwickelt und<br />
verankert zu haben, wie die Tatsache, daß das Recht auf Freiheit nur mittels Organisation<br />
der Gesellschaft in „Parteien“ auf kämpferischem Wege durchzusetzen sei und damit der<br />
Rolle der freien Presse einen bis dato unbekannten Stellenwert verschafft zu haben,<br />
dürfen als dessen vornehmste Leistungen anerkannt bleiben. 639<br />
5.3. Der Burschentag von Stuttgart<br />
Der an Weihnachten 1832 stattfindende Burschentag wird unter anderem von München<br />
durch den Delegierten Ludwig Arnold vulgo Staufer beschickt. Lange Zeit blieben die<br />
Ermittlungsbehörden bei dem Versuch, die Identität des Münchener Deputierten zu<br />
ermitteln, im Unklaren, wie wohl das Münchener Stadtgericht trotz Leugnens des<br />
Angeklagten zu dem Ergebnis kam, daß die gesammelten Beweismittel hinreichten,<br />
Arnold als Münchener Deputierten zu verurteilen und die kostenintensive<br />
Gegenüberstellung mit dem Kieler Deputierten Waldemar Müller, dessen<br />
„Kooperationsbereitschaft“ (in den Augen der Burschenschafter galt er als Verräter)<br />
hinlänglich bekannt war, sich damit erübrigte. 640<br />
Der Stuttgarter Burschentag erbrachte das Bekenntnis zur Revolution durch eine Majorität<br />
der Anwesenden. Ob diese Majorität einstimmig erfolgte, darf angesichts der Tatsache,<br />
daß die Umsetzung der Beschlüsse später nicht überall gelang (so in Tübingen bzw. Kiel)<br />
bezweifelt werden. Die Argumentation für die Revolution lieferte Wislizenus, der<br />
Würzburger Deputierte, als er die Bundesbeschlüsse als Maßnahmen bezeichnete,<br />
wodurch „eine vernünftige Herausbildung eines freien Volkslebens nicht mehr möglich<br />
sei“. 641 Die Revolution als ultima ratio erschien den Deputierten durchaus nicht als<br />
Verzweiflungsakt, denn man glaubte gerade unter den süddeutschen Vertretern, sich auf<br />
eine breite Volksbewegung stützen zu können, was einen glücklichen Ausgang des<br />
Unternehmens wahrscheinlich machte. Gerade in diesem Punkt war man in Tübingen<br />
639<br />
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641<br />
vgl. Roeseling, Severin: Köln 1998. S. 198-205. Vgl. auch Foerster, Cornelia:Trier 1982. S. 45-49.<br />
Festzuhalten bleibt, daß das Verhältnis Preßverein/Burschenschaften bei der Autorin eine eher<br />
untergewichtete Rolle spielt, wohingegen die offiziösen Untersuchungsberichte eine monokausale<br />
Sicht der Dinge unter dem einseitigen Aspekt der schon erwähnten Verschwörungstheorie anbieten.<br />
vgl. StAM App.-Ger. 5152/2. Das Appellationsgericht Landshut fixierte am 12. Juli 1836 das Strafmaß<br />
für Arnold auf 10.000 fl. Kaution für etwaige Freilassung bei polizeilicher Überwachung (eine Summe,<br />
die in der Regel für die "Normal- Angeklagten" nicht zu erbringen war) bzw. fünf Jahre Festungshaft.<br />
MInn 45826/§ 20 f