PDF-Dokument - Burschenschaftsgeschichte
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I. Teil Konfliktfeld: Staat – Gesellschaft – Landsmannschaften in Landshut von 1800 bis 1826 120<br />
Unterton von seiten des Lehrpersonals konnte zu deren Entlassung auf dem<br />
Verwaltungswege bei gleichzeitig verweigerter Anstellungsmöglichkeit als<br />
Hochschullehrer in einem anderen deutschen Staat führen (Art. 2).<br />
In Art. 3 wurde nicht nur ein strenges Verbot aller studentischen Verbindungen verfügt,<br />
sondern darüber hinaus bei erwiesener Mitgliedschaft in einer solchen Verbindung<br />
lebenslängliche Nichtzulassung zu einem öffentlichen Amt und<br />
Immatrikulationsverweigerung an jeder anderen deutschen Universität dekretiert. Ein<br />
Untersuchungsgesetz sah eine Zentralbehörde zur näheren Untersuchung revolutionärer<br />
Umtriebe in Mainz vor. Diese Behörde sollte einheitlich und überstaatlich konzipiert und<br />
mit Weisungsgewalt gegenüber einzelstaatlichen Untersuchungsbehörden sowie dem<br />
Recht, selbständig Haftbefehle auszusprechen, ausgestattet sein. 338<br />
Ein Pressegesetz inaugurierte die Wiedereinführung der Vorzensur für das gesamte<br />
Buch- und Zeitschriftenwesen, wobei Druckerzeugnisse mit weniger als 20 Bogen Umfang<br />
der Genehmigung der Landeszensurbehörde bedurften, längere Texte der Nachzensur<br />
unterlagen. Presse- wie Universitätsgesetz bedeuteten somit weitreichende<br />
bundesstaatliche Eingriffsmöglichkeiten in die einzelstaatliche Souveränität und boten den<br />
Großmächten Preußen und Österreich die erforderliche Handhabe im Kampf gegen<br />
liberale Strömungen in den einzelnen Bundesstaaten. 339<br />
Die bayerische Opposition gegen die Karlsbader Beschlüsse wurde vom Kronprinzen<br />
Ludwig und von Lerchenfeld angeführt. Ihre Argumentation zielte darauf ab, der<br />
Regierung einen doppelten Verfassungsbruch nachzuweisen, indem man den Mainzer<br />
Untersuchungsausschuß als außerbayerische Instanz zur Aburteilung bayerischer<br />
Staatsbürger für unzuständig erklärte und daneben die Akzeptanz der Karlsbader<br />
Beschlüsse als in Bayern gültiges Recht von der Zustimmung der bayerischen Stände<br />
abhängig machen wollte, wie es die Verfassung in der Interpretation der Opposition<br />
vorsah. Der Erfolg der Lerchenfeldschen Initiative bestand im sogenannten<br />
Verfassungsvorbehalt, der eine Umsetzung der Beschlüsse an die Beobachtung der<br />
bayerischen Souveränität, Verfassung und bestehende Gesetze band. 340<br />
Wie wenig diese liberale Initiative einer möglichen praktischen Durchführung der<br />
Karlsbader Beschlüsse im Wege stand, zeigte sich einmal mehr im Sommer 1820, als<br />
Bayern anläßlich der Wiener Schlußkonferenz die Exekutionsordnung, die dem Bund in<br />
338<br />
339<br />
340<br />
vgl. Hardtwig, Wolfgang: Deutsche Geschichte der neuesten Zeit. Vormärz. Der monarchische Staat<br />
und das Bürgertum. S.38/39. München 1985<br />
vgl. ebd. S.38<br />
vgl. Polster, Georg: Politische Studentenbewegung und bürgerliche Gesellschaft. Die Würzburger<br />
Burschenschaft im Kräftefeld von Staat, Universität und Stadt. 1814-1850. S.94-96. Heidelberg 1989