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PDF-Dokument - Burschenschaftsgeschichte

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I. Teil Konfliktfeld: Staat – Gesellschaft – Landsmannschaften in Landshut von 1800 bis 1826 87<br />

Günthers im Verein mit einem Studierenden namens Wolf der Gründung einer verbotenen<br />

Burschenschaft zu verdächtigen, von der „alles wahre Böse“ ausgehen würde. 258<br />

Die von den Behörden initiierte Suggestion von den „bösen Burschenschaften“ kann als<br />

versteckter Hinweis gelesen werden, daß man behördlicherseits zur Duldung des Status<br />

Quo bei allen Verfolgungsritualen bereit war, jenseits davon aber unnachsichtig verfahren<br />

würde, eine Botschaft, die offenbar von den Studierenden verstanden wurde und sie die<br />

Grenze zu burschenschaftlichen Gründungen nicht überschreiten ließ.<br />

Den Hintergrund dieses gewollten Röschlaubschen Ablenkungsmanövers bildete das<br />

Faktum, daß von Günthers Sohn mit Studierenden aus Erlangen, die sich wiederholt in<br />

Landshut aufhielten, Kontakt gepflegt hätte, und da für Erlangen die Existenz einer<br />

Burschenschaft evident war, lag für Röschlaub, der um Protektion der<br />

Landsmannschaften bemüht war, die werbewirksame Verknüpfung dieser Fakten nahe.<br />

Von Günthers Erbitterung und Gegenschlag ließen nicht auf sich warten. Zutiefst von<br />

Röschlaubs fehlender Seriosität überzeugt, war er bestrebt, seiner Auffassung<br />

hinreichende argumentative Unterstützung zu verschaffen. Zu Hilfe kam dabei die<br />

Bekanntschaft eines Schreibens des Polizeikommissars aus Würzburg am 16.6.1823,<br />

welches das Original eines Schreibens des Landshuter Seniorenkonvents an den<br />

Würzburger Seniorenkonvent vom 01.02.1822 mit Auflistung der Namen und<br />

Originalsignate enthielt. Der Universitätssenat in Landshut mußte sich unangenehme<br />

Fragen gefallenlassen, warum nicht unverzüglich nach Erhalt des Schreibens aus<br />

Würzburg eine Untersuchung eingeleitet wurde und zudem mußte sich Röschlaub<br />

belehren lassen, daß doch wohl gerade in der Herstellung überregionaler Kontakte sehr<br />

viel eher Anzeichen burschenschaftlicher Vorformen zu erblicken seien als im Verhalten<br />

seines Sohnes. 259<br />

Wasser auf die Mühlen von Günthers hinsichtlich seiner burschenschaftlichen Theorie<br />

bedeutete die Anzeige eines Fuhrwerksvermieters, der sich um sein an einen Studenten<br />

vermietetes Fuhrwerk ob der langen Abwesenheit (elf Tage) Sorgen machte. Der Mieter,<br />

ein Student namens Guthschneider, mietete es für eine Reise nach Erlangen, ein<br />

Umstand, den von Günther als geheime Kuriertätigkeit interpretierte und die sofortige<br />

Verhaftung bei dessen Rückkehr anordnete. Daß die Festnahme scheiterte, weil der<br />

Verdächtige rechtzeitig gewarnt wurde und die Polizei in gewohnter Lässigkeit zu Werke<br />

ging, kann als hinlänglicher Beleg für die Isoliertheit von Günthers gewertet werden.<br />

Ähnlich verhielt es sich mit dem polizeilichen Vorgehen anläßlich landsmannschaftlicher<br />

258<br />

259<br />

vgl. MInn 23714/V<br />

MInn 23714/V, Untersuchungsbericht von Günthers vom 30.06.1823

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