PDF-Dokument - Burschenschaftsgeschichte
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I. Teil Konfliktfeld: Staat – Gesellschaft – Landsmannschaften in Landshut von 1800 bis 1826 95<br />
österreichischen Botschafter Graf Stadion keinen Hehl daraus. Beim Frontwechsel im<br />
Jahre 1813 war Ludwig eine der treibenden Kräfte, ein Umstand, der auch zu einer<br />
zwischenzeitlichen Verbesserung seines Verhältnisses zu Montgelas beitrug. Wiederholt<br />
setzte sich Ludwig im Vorfeld der Beratungen zum Wiener Kongreß für eine<br />
Rückgewinnung des Elsaß und eine Vergrößerung Bayerns in Form der gesamten<br />
Rheinpfalz ein, wenn auch ohne Erfolg. 279<br />
Eine eigenwillige Besonderheit seines Nationalbewußtseins bestand in der nahtlosen<br />
Verschmelzung von bayerischer Staatsraison mit schwärmerischem deutschen<br />
Nationalbewußtsein. Der freiheitliche deutsche Nationalismus, wie ihn Ludwig verstand,<br />
manifestierte sich in einer fortschreitenden Integration all derer, die ohne Illoyalität<br />
gegenüber ihren angestammten Herren einem größeren Ganzen sich verbunden fühlten.<br />
Naturgemäß mußte es sich als schwierig erweisen, eine Balance zwischen diesen beiden<br />
an sich unvereinbaren Prinzipien zu finden. Ludwig hingegen traute sich problemlos zu,<br />
zwei Vaterländern zu dienen, ohne sich jedoch der Schwierigkeiten bewußt zu sein, ehe<br />
im Laufe seiner Regierungszeit am Horizont in Gestalt der nationaldemokratischen<br />
Bewegung von 1848 die Begrenztheit dieser politischen Haltung erkennbar war. 280<br />
Beachtung verdient in diesem Zusammenhang aber der Versuch Ludwigs mittels einer<br />
Denkschrift (betitelt mit „Gedanken über Deutschlands Einrichtung“), die er Wrede mit auf<br />
den Weg zu den Wiener Verhandlungen gab, seinen Vorstellungen einer zukünftigen<br />
Konzeption Deutschlands Ausdruck zu verleihen. Schon die Präambel verrät in der<br />
Formulierung „Teutscher Bund“, statt Reich, seinen Willen zur Bewahrung der<br />
bayerischen Souveränität. Neben der territorialen Option für eine „kleinteutsche“ Lösung<br />
und der Ablehnung dynastischer Verpflichtungen im Sinne der Beherrschung eines<br />
außerhalb dieses Deutschen Bundes gelegenen Territoriums akzeptierte er eine<br />
außerföderale Exekution lediglich in Fragen der gemeinsamen Sicherheit, eine Thematik,<br />
der er in seinen Betrachtungen breiten Raum einräumt. 281<br />
Alles in allem blieb Ludwigs Nationalismus trotz Beschwörung der „Teutschheit“ und trotz<br />
der scharfen antifranzösischen Wendung vor allem während der napoleonischen Zeit weit<br />
von der chauvinistischen Attitüde, wie sie sich in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts<br />
279<br />
280<br />
281<br />
vgl. Weis, Eberhard: Die politische und historische Auffassung Ludwigs I. in der Kronprinzenzeit.<br />
S.11-28. In: „Vorwärts, vorwärts sollst du schauen…“. Geschichte, Politik und Kunst unter Ludwig I.<br />
(Hrsg.: Johannes Erichsen/Uwe Puschner, Regensburg 1986<br />
vgl. Gollwitzer, Heinz: Ludwig I. von Bayern. S.156-160, München 1986<br />
vgl. Gollwitzer,Heinz: München 1986, S.165-172