PDF-Dokument - Burschenschaftsgeschichte
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I. Teil Konfliktfeld: Staat – Gesellschaft – Landsmannschaften in Landshut von 1800 bis 1826 114<br />
Kronprinzen sowie öffentlichen Drucks durchsetzende repräsentative<br />
Verfassungsentwurf. 323<br />
Das Ende des Rheinbundes machte die Verfassung von 1808 im wesentlichen<br />
bedeutungslos; ein erneuter Anlauf erfolgte im Jahre 1814 unter dem Signum eines<br />
drohenden Oktrois aus Wien. Die unter dem Justizminister von Reigersberg eingesetzte<br />
Kommission erarbeitete einen Entwurf mit stark reaktionärer Grundtendenz (Wortführer<br />
des aristokratischen Prinzips waren in der Überzahl), der dem Kronprinzen am 9.3.1815<br />
zur Einsicht vorgelegt wurde und von diesem in wesentlichen Punkten mit einem liberalen<br />
Anstrich versehen wurde. So tritt er unter anderem für größere Rechte der Stände in der<br />
Frage der Steuerbewilligung, für freie Wahl der Abgeordneten, für eine Gesetzesinitiative<br />
der Kammern und für mehr politische Freiheitsrechte der Bürger ein. 324 Im Gegensatz zur<br />
sonstigen politischen „Machtlosigkeit“ des Kronprinzen finden diese Anmerkungen im<br />
wesentlichen Berücksichtigung in der Verfassung von 1818. Zur unmittelbaren<br />
Überarbeitung des Entwurfes im Jahre 1815 kam es nicht, Montgelas, der die Gefahr<br />
eines Verfassungsoktrois aus Wien schwinden sah, hatte es nun nicht mehr eilig und die<br />
Verfassungskommission stellte daraufhin ihre Arbeit bald ein. Ein erneuter Anlauf erfolgte<br />
erst nach dem Sturz Montgelas im Jahre 1817 mit besagter Verordnung vom 2.2.1817, in<br />
deren Mittelpunkt ein Staatsrat als eine Art beamtenparlamentarisches Gegengewicht<br />
gegen ministerielle und monarchische Willkür stand. Eine Nationalrepräsentation war<br />
nicht vorgesehen, an deren Stelle sollten in beratender Funktion Landräte treten. Auch<br />
dieser verfassungsinitiatorische Anlauf blieb Episode. Ein am 6.6.1817 ins Leben<br />
gerufener Staatsratsausschuß zur Beratung einer künftigen Verfassung unter der<br />
Federführung von Zentners wird schließlich dem am 26.5.1818 ins Leben gesetzten<br />
gültigen Entwurf seine endgültige Form geben. 325<br />
Die Verfassung war ein „Geschenk“ des Königs, daran ließ Max Joseph auch in seiner<br />
Eröffnungsrede anläßlich des Zusammentrittes des ersten Landtages am 4.2.1819 keinen<br />
Zweifel. Den repräsentativen Kern des Konstruktes bildete das aus zwei Kammern<br />
bestehende Parlament, eine Versammlung der privilegierten Stände (Adel, Geistlichkeit,<br />
herausgehobenes Wirtschafts- und Bildungsbürgertum) und damit weit mehr eine<br />
Gemeinschaft singulärer Interessensvertreter, denn eine Volksvertretung, obschon durch<br />
323<br />
324<br />
325<br />
vgl. Möckl, Karl: München 1979 S.191-216. Das Bürgertum war nur bereit, eine Ordnung zu<br />
akzeptieren, bei welcher das Volk in irgendeiner Form an der Willensbildung beteiligt war<br />
vgl. Heidenreuther, Reinhard: Bayerische Verfassungstradition. Die Verfassung von 1818 S.63. In:<br />
Bayern entsteht. Montgelas und sein Ansbacher Memoire von 1796. Katalog zur Ausstellung des<br />
Hauses der bayerischen Geschichte in Zusammenarbeit mit dem bayerischen Hauptstaatsarchiv in<br />
Ansbach / München 1996/97 (herausgegeben von Michael Henker, Margot Hamm und Evamaria<br />
Brockhoff). Regensburg 1996. Vgl. auch Körner, Hans-Michael: Bemerkungen über den Entwurf der<br />
Verfassung für Bayern. Das Verfassungsgutachten des Kronprinzen Ludwig von Bayern vom<br />
9.3.1815. S.421-448. In: ZBLG 49 (1986)<br />
vgl. Heidenreuther, Reinhard: Regensburg 1996 S.64f