PDF-Dokument - Burschenschaftsgeschichte
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I. Teil Konfliktfeld: Staat – Gesellschaft – Landsmannschaften in Landshut von 1800 bis 1826 69<br />
„zügellose, ostentative Gewaltanwendung der Soldaten“ zu verurteilen. Im übrigen hielt<br />
von Walther zu diesem Zeitpunkt nach erfolgter Relegation von Rädelsführern die<br />
Landsmannschaften für ausgerottet. 192<br />
Zwei Ereignisse von ähnlich bitterer Gewaltbereitschaft zwischen Studierenden und<br />
Bürgerssöhnen bzw. Soldaten sollten das soziale Klima der Universitätsstadt noch<br />
vergiften, ehe ab 1820 eine Entspannung der Situation zu beobachten war. Am 13.5.1818<br />
abends führte ein organisierter Zusammenstoß zwischen Bürgerssöhnen im Verein mit<br />
Polizeisoldaten, die auch in dieser Situation ihrer Neigung zu einseitiger Parteinahme<br />
freien Lauf ließen, und Studierenden zur Freisetzung der schon lange latent vorhandenen<br />
Spannungen. Dem Gewaltereignis ging ein Zusammenstoß beider Gruppierungen am<br />
Vorabend anläßlich einer Tanzveranstaltung voraus. Am Tage der Eskalation mißachteten<br />
die Bürgerssöhne ihr Lokalverbot für den Firmerbräu und setzten sich bewußt der<br />
Provokation der Studierenden aus, die auf der Suche nach einem Vorwand zur Revanche<br />
für die am Vorabend erlittene Schmach waren. Die Akten legen den Schluß nahe, daß<br />
keine der Gruppen als das Opfer einseitiger Provokation der jeweils anderen Gruppierung<br />
anzusehen ist, aller verständlichen Parteinahme Rektor Mittermaiers für die Studierenden<br />
einerseits und von Chrismars für die Polizeisoldaten andererseits zum Trotz. 193 Die zur<br />
Schlichtung ironischerweise von Studierenden herbeigeholte Polizeipatrouille ging mit<br />
aller Gewalt gegen die Akademiker vor, arretierte eine große Zahl von ihnen (der Bericht<br />
Mittermaiers spricht von 50 Studierenden), verletzte aber auffälligerweise nur Akademiker,<br />
darunter einen Studierenden so schwer, daß er den Folgen seiner Verletzungen erlag.<br />
In seinem ausführlichen Vortrag am 19.5.1818 vor dem akademischen Senat reflektierte<br />
Mittermaier die seiner Meinung nach vorherrschenden, dem Exzeß zugrundeliegenden<br />
Übel. Unleugbar schlüge der Universität und ihren Mitgliedern, Studierenden wie<br />
Lehrenden, ein statuarischer Haß von seiten der Bürgerschaft entgegen, der überdies<br />
durch die Polizeisoldaten zusätzlich transportiert würde, so Mittermaier. Den Polizisten<br />
konzedierte er mangelhafte Ausbildung für ihre Aufgaben, dem Polizeikommissar von<br />
Chrismar ein gestörtes Verhältnis zur Universitätsleitung, das sich in fehlender<br />
Abstimmung und ungenügendem Informationsfluß bemerkbar machen würde. Zur Abhilfe<br />
des Übels schlug er eine Stärkung der universitären Polizeigewalt vor, eine Forderung,<br />
der im Zuge der Revision der Universitätspolizei Rechnung getragen wurde. Überdies<br />
müßten die schuldigen Polizeisoldaten bestraft werden, so die Forderung Mittermaiers.<br />
Die Studierenden, die sich mit dem Gedanken einer endgültigen Abkehr von der Stadt<br />
trugen, konnten nur durch Zusicherung von Sicherheitsmaßnahmen und Satisfaktion zum<br />
Bleiben veranlaßt werden. Dessen ungeachtet, zeigte sich Mittermaier hinsichtlich der<br />
192<br />
193<br />
MInn 23675/IV, der Bericht von Walthers vom 18.9.1811<br />
MInn 23715, vgl. die Berichte Mittermaiers und von Chrismars vom 14.5.1818