PDF-Dokument - Burschenschaftsgeschichte
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I. Teil Konfliktfeld: Staat – Gesellschaft – Landsmannschaften in Landshut von 1800 bis 1826 44<br />
jedoch irrig, sie unter die üblichen Heimatverbände mit der Pflege des regionalen<br />
Brauchtums zu subsumieren, denn gerade bei ihren Auseinandersetzungen spielte der<br />
Aspekt ihrer Herkunft keine Rolle. Zwar wurden sie von einer ausgeprägt<br />
partikularistischen Grundhaltung geleitet, die jedoch im Gegensatz zu den von<br />
Burschenschaften offensiv vertretenen politischen Prämissen keine akzentuiert politische<br />
Ausformung erhielt. Im Zuge der napoleonischen Kriege mit dem damit in Mode<br />
gekommenen militärischen Begrifflichkeiten verlor sich die Bezeichnung<br />
Landsmannschaften und an ihre Stelle trat die Bezeichnung Corps – zum erstenmal<br />
nachweislich in Heidelberg 1810 –, ohne indes einen qualitativen Unterschied hinsichtlich<br />
der organisatorischen Struktur und des Selbstverständisses zu markieren, mit Ausnahme<br />
des durch die ständigen geografischen Veränderungen zu Beginn des 19. Jahrhunderts<br />
obsolet gewordenen kantonalen Rekrutierungsprinzips, welches aufgegeben wurde. 120<br />
Waren die Orden mit ihrem stark individualistisch-aristokratischen Grundprinzip die<br />
Vorläufer aller studentischen Verbindungen, so erscheinen die Landsmannschaften als<br />
ein Übergangsereignis, welches dem elitären Grundverständnis der Orden ein<br />
demokratisch-genossenschaftliches Prinzip hinzufügte, und damit nicht wenig zum Sieg<br />
der Landsmannschaften über die Orden beitrug. Der forcierten demokratischen Attitüde<br />
der Burschenschaften war aber damit in Nuce bereits der Weg vorgezeichnet. Daß sich<br />
die Landsmannschaften anstelle der Orden zum Ende des 18. Jahrhunderts erfolgreich<br />
als studentische Korporationen etablieren konnten, verdankten sie darüber hinaus auch<br />
der allmählichen Ausformung des Freundschafts- und Lebensprinzips sowie eines<br />
geschriebenen Reglements (Komments) zur Domestizierung ihrer Mitglieder und dem<br />
Rückzug auf die primäre Herrschaftsbasis einer Universität. Hingegen gelang es ihnen<br />
nicht, die Dualität von aristokratisch-individualistischer (Kränzchen) und demokratischer<br />
Struktur (Rennoncen) einer geeigneten Lösung zuzuführen, so daß die<br />
Landsmannschaften schon geraume Zeit vor Entstehung der Burschenschaften mit<br />
inneren Spannungen zu kämpfen hatten, deren Entladung sich in diversen<br />
Rennoncenrevolten gegen die selbstherrliche Dominanz der inneren Zirkel bemerkbar<br />
machte und zum Ziel hatte, eine burschenschaftliche Organisation sämtlicher sich an<br />
einer Universität befindlicher Rennoncen auf breiter demokratischer Basis herbeizuführen.<br />
Wenn auch diese Versuche noch samt und sonders zum Scheitern verurteilt waren, so<br />
bezeichneten sie doch die Bruchstellen künftiger Auseinandersetzungen zwischen<br />
Landsmannschaften und Burschenschaften. 121<br />
120<br />
121<br />
vgl. Beckenbauer, Alfons: München 1992, S.163. Vgl. auch Fabricius, Wilhelm: Die deutschen Corps.<br />
Eine historische Darstellung des studentischen Verbindungswesens in Deutschland bis 1815, der<br />
Corps bis zur Gegenwart. 2. Auflage. Frankfurt/Main 1926, S.335<br />
vgl. Bruchmüller, Wilhelm: Das deutsche Studentenleben von seinen Anfängen bis zur Gegenwart.<br />
S.75-78. Leipzig/Berlin 1922