PDF-Dokument - Burschenschaftsgeschichte
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II. Teil Konfliktfeld: Staat – Gesellschaft – Burschenschaft in München von 1826 bis 1833 172<br />
Kandidaten zu verprellen. Die apodiktische Aussage Heers (QuD Band IV S. 310),<br />
wonach aus dem Schreiben das Fehlen jedweder revolutionärer Energie herausgelesen<br />
werden muß, kann allenfalls vor dem Hintergrund der behördlichen Untersuchung<br />
späterer Jahre in den rechten Kontext gerückt werden. So sehr der<br />
Untersuchungsausschuß bestrebt war, eine zwingende Folgerichtigkeit revolutionärer<br />
Aktionsbereitschaft zumindest seit dem Burschentag in Frankfurt in die<br />
Burschenschaftsaktivitäten hineinzuinterpretieren und zu den gewollten indifferenten<br />
Schuldzuweisungen zu gelangen, so wenig taugen die Heerschen Interpretationsversuche<br />
die schablonierte Schuldzuweisung der Behörden wirksam zu entkräften.<br />
Die Aussagen der Angeschuldigten selbst, das wurde schon an anderer Stelle bemerkt,<br />
werden in erster Linie unter dem Aspekt der individuellen Umstände zu würdigen sein.<br />
Gerade die Widersprüchlichkeit in den Aussagen zu ein- und demselben Fragenkomplex<br />
(das gilt für Guitienne wie für Otto, Brüggemann und andere) demonstriert hinlänglich die<br />
Druckverhältnisse, denen die Vernommenen durch den Untersuchungsausschuß<br />
ausgesetzt waren. Von daher ist es nicht verwunderlich, wenn die Aussagen von<br />
Guitienne (Anm. 2) so unscharf bleiben, daß zum Beispiel unter Einheit Deutschlands<br />
ebensosehr die auf herkömmlicher Fürstenherrschaft beruhende ideelle<br />
Wertegemeinschaft zu verstehen ist wie eine deutsche Republik, deren Existenz aber das<br />
Verschwinden der Fürstenherrschaft zwingend erfordern würde. 505<br />
Als abschließende Anmerkung sei noch vermerkt, daß die Breslauer Burschenschaft der<br />
brieflichen Intervention und der darin ausgesprochenen Erwartungshaltung des<br />
Verbandes nicht zu folgen bereit war. 506<br />
5.1.3. Versuche zur Erweiterung der Agitationsbasis<br />
Im Sommer 1831 konnte sich die restituierte Germania in München relativ freizügig<br />
bewegen, ein erstaunliches Phänomen, wenn man bedenkt, daß das Appellationsgericht<br />
erst im August des Jahres die Schlußurteile im Zusammenhang mit den<br />
„Dezemberkalamitäten“ sprechen wird. Der König und die Regierung hatten sich aber zu<br />
dieser Zeit dem aus königlicher Sicht „unerquicklichsten Landtag“ zu erwehren, der bis<br />
dato stattgefunden hatte. Die behördlichen Energien waren also zu einem Gutteil<br />
505<br />
506<br />
Auch bei Wehner ist die Tendenz zu beobachten, die Aussagen der zur Untersuchung gezogenen<br />
Germanen als gültige <strong>Dokument</strong>e der Befindlichkeit der Burschenschaft in einem bestimmten<br />
Zeitkontext anzuerkennen, und dies ohne Bezug zur Realität, innerhalb welcher diese Aussagen<br />
entstanden. Dies geschieht etwa, wenn er zu den oben zitierten Aussagen Guitiennes schreibt, daß<br />
„das Vorherrschen einer politischen Tendenz aus diesen Schilderungen nicht herausgelesen werden<br />
kann“ (S. 63).<br />
vgl. QuD Band IV/S. 310