PDF-Dokument - Burschenschaftsgeschichte
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I. Teil Konfliktfeld: Staat – Gesellschaft – Landsmannschaften in Landshut von 1800 bis 1826 127<br />
die durch härtere gymnasiale Disziplinierung bzw. einer Zuzugsbeschränkung an die<br />
Universität konterkariert werden könnten. Überdies böte Landshut zuwenig<br />
kulturorientierte (Theater, Musikveranstaltungen…) Zerstreuungsmöglichkeiten. Eine<br />
Preisgabe der universitären Disziplinar- und Polizeigewalt lehnte Krüll nicht nur nicht ab,<br />
sondern trat für eine Stärkung derselben ein, da nur über universitäre<br />
Disziplinarmaßnahmen Erfolge im Kampf gegen verbotene Verbindungen erzielbar<br />
sein. 362 Seit dem Beginn der offenen Diskussion einer Verlegung der Universität nach<br />
München hielten die Corps keinerlei Verbotsreglements mehr ein, das offene Tragen<br />
farbiger Kokarden wurde von den Behörden nicht mehr moniert, der Großteil der<br />
Studierenden war in Corps organisiert und praktizierte ein unbehelligtes burschikoses<br />
Leben im letzten Semester an der Universität Landshut. 363<br />
11. Abschließende Betrachtung<br />
Die Universität Landshut stellt innerhalb der größeren deutschen Universitäten insofern<br />
ein Phänomen dar, als die erste Phase der Burschenschaftsbewegung ohne echten<br />
Nachhall an ihr vorüberging.<br />
Bei dem Versuch, Erklärungsansätze für diesen „Sonderweg“ ins Feld zu führen, zeigt<br />
sich die etablierte Literatur überwiegend desinteressiert und gelangt über monokausale,<br />
überdies mit wenig „Verve“ verfolgte Darstellungsmuster nicht hinaus.<br />
Ohne die wenigen tauglichen, zudem ohne Bezugsgrößen in den Raum gestellten<br />
Argumentationsmuster zu wiederholen, sei an dieser Stelle eine summarische<br />
Gesamtschau der in der Arbeit selektiv aufscheinenden „Hintergründe“ versucht:<br />
Die Verlegung der Universität nach Landshut signalisierte zweierlei: zum einen einen<br />
räumlichen Neuanfang fern jeden „großstädtischen Getöses“ und der damit verbundenen<br />
Ablenkung der Studierenden von ihrem wesentlichen Zweck in einer vom Weltgetriebe<br />
durch seine geografische Randlage abgeschiedene altbayerisch-bäuerliche Provinzstadt;<br />
zum anderen einen konzeptionellen Neuanfang durch die „aufklärerische“ Ausrichtung der<br />
Universität mit seiner überwiegend auf Bevormundung zielenden Gängelung der<br />
Studierenden.<br />
Der Staat benötigte brauchbare Staatsdiener in großer Zahl, nützliche „Werkzeuge“ zur<br />
Etablierung und Durchsetzung des staatsabsolutistischen Konzepts Montgelasscher<br />
Prägung. Hierzu hatte die Universität ihren Beitrag zu leisten, indem durch geraffte, auf<br />
Notwendigkeit fixierte Lehr- und Lerninhalte ein schneller, reibungsloser, studentischer<br />
362<br />
363<br />
MInn 23714/VI. Bericht Krülls unerlaubter Verbindungen betreffend vom 22.03.1826.<br />
vgl. Kaufmann, Fritz: München 1953. S. 125/126.