PDF-Dokument - Burschenschaftsgeschichte
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I. Teil Konfliktfeld: Staat – Gesellschaft – Landsmannschaften in Landshut von 1800 bis 1826 26<br />
3. Die Universität in Landshut<br />
3.1. Die organisatorische Neuordnung<br />
Die Translokation der Universität von Ingolstadt nach Landshut signalisierte eine<br />
umfassende universitäre Neuorientierung. Nicht nur sollte sie aus den Fesseln von<br />
Scholastik und Jesuiterei befreit werden 52 , sondern im Sinne eines unter Montgelas<br />
propagierten neuen Staatsverständnisses ihren autonomen Charakter aus halbfeudaler<br />
Zeit verlieren und als integraler Teil in eine entstehende bürgerliche Welt eingebunden<br />
werden. 53<br />
Demzufolge stand der Neuanfang in Landshut unter dem Zeichen von Aufklärung und<br />
Säkularisation. Das Hauptaugenmerk lag auf der Herausbildung guter Staatsdiener, die<br />
universitäre Ausbildung wurde den utilitaristischen Bedürfnissen des durchrationalisierten<br />
Staates untergeordnet, die reine Wissenschaft sollte von der Universität weg in die<br />
Akademie hineinverlegt werden. 54<br />
Das organisatorische Grundkonzept einer „funktionierenden“ Universität im Dienste des<br />
rational-aufgeklärten Montgelas-Staates, wie es sich in den Statuten präsentierte, stand<br />
von Anfang an auf tönernen Beinen, da die Adepten zur Realisierung dieses Konzeptes<br />
nur in den Anfangsjahren der Universität uneingeschränkt ihren Einfluß geltend machen<br />
konnten und in der weiteren Verlaufsgeschichte der Universität in Landshut ins<br />
Hintertreffen gerieten. Das Landshuter Verbindungswesen erblühte nicht zuletzt aufgrund<br />
dieser Widersprüche, die sich quer durch die Hochschullehrerschaft zogen und dem<br />
staatlichen Anforderungsprofil an „Funktionalität“ eine individuell-unterschiedliche<br />
Gewichtung entgegenbrachten.<br />
Damit war das Grundkonzept von Anfang an in Frage gestellt, eine Tatsache, die sich weit<br />
nachhaltiger an den neubayerischen Universitäten Erlangen und Würzburg zeigte, wo<br />
dieselben Statuten und Ordnungskriterien noch weniger griffen als in Landshut. Nicht nur<br />
innerhalb der Bevölkerung, sondern auch in der Beamtenschaft, Universität etc. formierte<br />
sich ein „passiver Widerstand“ gegen die altbayerische „Inbesitznahme“ und erleichterte<br />
es den inkorporierten Studenten, geschützt durch das allgemeine Bewußtsein, Teil eines<br />
umfassenden Widerstandes zu sein, über die Burschenschaftsbewegung nationalliberales<br />
Gedankengut gegen die bayerische Überfremdung zu propagieren.<br />
52<br />
53<br />
54<br />
vgl. Boehm, Laetitia: Bildung und Wissenschaft im Zeitalter Max Josephs, S.204. In: Krone und<br />
Verfassung. König Max I. Joseph und der neue Staat. Beiträge zur bayerischen Geschichte und<br />
Kunst 1799-1825. München 1980<br />
vgl. McClelland, Charles E.: State, Society, and University in Germany 1700-1914, S.103. Cambridge<br />
1980.<br />
vgl. ebd.: S.107-110