PDF-Dokument - Burschenschaftsgeschichte
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I. Teil Konfliktfeld: Staat – Gesellschaft – Landsmannschaften in Landshut von 1800 bis 1826 111<br />
9.1.2. Studentischer Reflex<br />
Wenn man den Grad der Enttäuschung unter den Studierenden an den im Anschluß an<br />
das Bekanntwerden der Deutschen Bundesakte erfolgten politischen Aktivitäten mißt, so<br />
wird man feststellen müssen, daß im Gegensatz zur faktischen Existenz von<br />
Burschenschaften im Norden Deutschlands wie an den neubayerischen Universitäten<br />
(Erlangen, Würzburg) ein burschenschaftlicher Reflex an der Universität Landshut eher<br />
durch wohlmeinende Interpretationen darauf hindeutender Anzeichen möglich ist. Das<br />
studentische Fronterlebnis läßt unter den bayerischen Studenten Anzeichen eines<br />
demokratischen Bewußtseins vermuten, welches sich aber allenfalls in den ständig<br />
wiederkehrenden Reibereien mit den Behörden und Militärs artikulierte, ohne je<br />
nachweislich eine burschenschaftliche Gründung provoziert zu haben. 314 Als ein früher<br />
Hinweis einer sich strukturell demokratisierenden Neuausrichtung der Corps mag die<br />
Rennoncenrevolte von 1811 dienen, in deren Verlauf Erlanger Studenten eine<br />
corpsübergreifende Neuorganisierung der Rennoncen anstrebten in bewußter<br />
Frontstellung gegen den existierenden Burschenkomment und insbesonderen dessen<br />
Zwang zur Befolgung des Satisfaktionsrituals.<br />
Die sich in einer blutigen Rauferei am 28.7.1811 entladenden corpsinternen Spannungen<br />
machten die Behörden auf die Existenz der Corps aufmerksam und führten zu deren<br />
Entdeckung, aber letztlich nicht zu einer im burschenschaftlichen Sinne Neuausrichtung<br />
der Landshuter Corps. 315 Weder Befreiungskriegsbegeisterung noch Rennoncenrevolte<br />
konnten so auf burschenschaftliche Ansätze verweisende Tiefenwirkung erzielen. Der<br />
eingewurzelte bayerische Patriotismus im altbayerischen Raum zumal war schon gar<br />
nicht dazu angetan unter den Studierenden große Enttäuschung über die nicht realisierte<br />
politische Einheit aufkommen zu lassen, wenn man bedenkt, daß man einer „verpreußten<br />
Deutschheit“ ohnehin nicht gewogen war. Im Zuge der großen Untersuchungswellen der<br />
Jahre 1813/14 konnte der Verdacht auf Existenz eines angeblichen Tugendbundes nicht<br />
bestätigt werden, so wenig wie in den am 30.1.1815 einsetzenden erneuten<br />
Untersuchungen eine Verbindungslinie zu den Burschenschaften und eine profunde<br />
Kenntnis der Jahnschen Ideenwelt nachzuweisen war. 316 In der Folgezeit hielten sich die<br />
Corps ohnehin aus Furcht vor erneuter Entdeckung bedeckt und nahmen schon von<br />
daher von burschenschaftlichen Gründungen Abstand. Eine Einladung auf die Wartburg<br />
314<br />
315<br />
316<br />
Pölnitz, Götz Frhr. von: Die deutsche Einheits- und Freiheitsbewegung in der Münchener<br />
Studentenschaft (1826-1850). S.28/29. München 1930<br />
vgl. Kurz, Ferdinand: Geschichte des Corps Bavaria zu München, S.86. In: Akademische<br />
Monatshefte. Organ der deutschen Corpsstudenten (Hrsg.: Karl Rügemer), 25. Jahrgang (1920)<br />
vgl. Wehner, Philipp: Die burschenschaftliche Bewegung an der Universität Landshut–München in<br />
den Jahren 1815-1833. S.82f. In: Oberbayerisches Archiv Band 61 (1918)