PDF-Dokument - Burschenschaftsgeschichte
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II. Teil Konfliktfeld: Staat – Gesellschaft – Burschenschaft in München von 1826 bis 1833 140<br />
scharfen Maßnahmen gegen die Studentenverbände zurückwiesen und im Einvernehmen<br />
mit Ludwig den Zusammenschluß der Studierenden „zu anständiger gesellschaftlicher<br />
Unterhaltung“ förderten, allerdings unter den Prämissen, daß ein Eingriff in die Freiräume<br />
einzelner Studierender (Ausübung von Gruppenzwängen) unterblieb und den Duellen<br />
eine entschiedene Absage erteilt wurde. 398<br />
Schon im Vorfeld des für alle bayerischen Universitäten verbindlichen Edikts vom 31. Juli<br />
1827 war unschwer zu erkennen, daß diesem Edikt ähnliche Widersprüche innewohnten<br />
wie den Pressebestimmungen und ihre Umsetzung durch die realen Gegebenheiten sehr<br />
schnell die Fehlerhaftigkeit des Konstruktes erweisen mußte.<br />
Einen integralen Selbstbestimmungsfaktor aller Korporationen aus Landshuter Zeit stellte<br />
gerade der Ehrenhandel auf der Basis eines Ehrengerichts und des Zweikampfes dar.<br />
Daß auf diese Grundsätzlichkeit (neben dem Zweikampf war laut Satzungen auch ein für<br />
alle Mitglieder verpflichtender Komment verboten) die Korporationen zugunsten der dafür<br />
zugesicherten Legalität verzichten würden, war nicht zu erwarten.<br />
Die im Edikt vom 31.7.1827 darüber hinaus geforderte Offenlegung der Satzungen sowie<br />
der Vorstände und Mitglieder der Corps bei gleichzeitiger Verweigerung des<br />
Lebensprinzips, also de facto Erlöschen der Mitgliedschaft im Corps mit Verlassen der<br />
Universität, verrät zu einseitig das den Staat leitende Interesse der leichten<br />
Kontrollierbarkeit der Korporationen durch das Gewähren eines harmlosen, unpolitischen<br />
und den staatlichen Ordnungsrahmen nicht tangierenden Burschenlebens. 399<br />
Wie nicht anders zu erwarten, werden die geschönten Satzungen die Kerninteressen der<br />
Korporationen verschweigen und es letztlich unter den Deckmantel harmloser<br />
landsmannschaftlicher Ausrichtung sogar ersten Burschenschaften ermöglichen, sich<br />
unter dem Schutz solcher Satzungen unverhohlen und frei zu bewegen.<br />
Daß die Burschenschaften in diesem Edikt noch nicht einmal erwähnt werden und es also<br />
lediglich auf Vorlage einer unpolitischen Tendenz 400 in den Satzungen ankam, um<br />
staatliche Legitimität zu erhalten, zeigte nur zu deutlich, daß nun an den bayerischen<br />
Universitäten sowohl Landsmannschaften wie auch Burschenschaften in direktem<br />
Wettbewerb um die Gunst der Studenten bei staatlicher Duldung treten konnten.<br />
398<br />
399<br />
400<br />
vgl. Döllinger, Georg: Sammlung der im Gebiete der inneren Staatsverwaltung des Königreich<br />
Bayerns bestehenden Verordnungen. Band 9/Teil 1. München 1838, S. 496f/§ 334, 3 a, b, c<br />
vgl. Döllinger, Georg: München 1838, § 334. Vgl. auch Huber, Max: Würzburg 1939, S. 61f<br />
vgl. Döllinger, Ignaz: Betrachtungen über das Wesen der deutschen Universität, Würzburg 1920,<br />
S. 68f