PDF-Dokument - Burschenschaftsgeschichte
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I. Teil Konfliktfeld: Staat – Gesellschaft – Landsmannschaften in Landshut von 1800 bis 1826 82<br />
dieses Problem je im Rahmen der akademischen Gesetze lösen zu können und optierte<br />
statt dessen für eine Verlegung der Universität an einen größeren Ort. 238<br />
Aus den Worten von Chrismars spricht deutlich Resignation, mit dem Problem der<br />
verbotenen Verbindungen fertig werden zu können. Als Grundursache für die staatliche<br />
Ohnmacht zeigte sich wiederholt die Uneinheitlichkeit von Senat, Professoren und<br />
Universitätspolizei im Vorgehen gegen verbotene Verbindungen, ein Verhalten, welches<br />
seine Motivation aus gegenseitigen Eifersüchteleien, gekränkten Eitelkeiten, persönlichen<br />
Animositäten etc. bezieht, nicht zuletzt aber ein Produkt der Auseinandersetzung aus der<br />
im Zuge des Montgelasschen Bürokratismus „verstaatlichten“ Universität<br />
(Innenministerium) und der auf korporativer Selbständigkeit beharrenden Universität<br />
selbst (Senat) darstellt.<br />
Dadurch waren einem rigiden staatlichen Vorgehen „natürliche“ Grenzen gesetzt, dem<br />
überdies an einer unnötigen Vergiftung des Klimas an den Hochschulen nicht gelegen<br />
sein konnte, galt es doch, durch „Toleranz“ der Landsmannschaften den<br />
Burschenschaften den Weg an die Universitäten zu verbauen.<br />
Das Innenministerium hielt es bei seiner Stellungnahme mit von Chrismar und von<br />
Hellersberg und beraumte eine erneute Untersuchung an und nominierte von Hellersberg<br />
als drittes Kommissionsmitglied nach. 239 Das Innenministerium fällte auf der Basis der<br />
Resultate dieser Untersuchungskommission 240 am 2.9.1815 seine Urteile, denen zufolge<br />
das Innenministerium die Existenz geheimer Verbindungen für erwiesen ansah, aber als<br />
„Überreste der alten Landsmannschaften“ 241 und die Situation daher als nicht so<br />
gefährlich ansah, daß deswegen die Statuten geändert werden müßten.<br />
Die Urteile selbst muten eher nachsichtig an, Heiserer kam aufgrund seiner<br />
Kronzeugenrolle mit Arrest davon, Poschinger mit Dimission auf Zeit, nur drei Dimissionen<br />
lauteten auf unbestimmte Zeit. Durch öffentlichen Anschlag wurden größere<br />
Zusammenrottungen unter Studierenden, die Anmaßungen der älteren Studierenden den<br />
jüngeren gegenüber unter Strafe gestellt, ein schriftlicher Revers anstatt des Eides für die<br />
neu Immatrikulierten als ausreichend erachtet. 242<br />
238<br />
239<br />
240<br />
241<br />
242<br />
MInn 23714/IV, der Senatsbericht vom 15.2.1815<br />
MInn 23714/IV, Stellungnahme des Innenministeriums vom 31.3.1815<br />
MInn 23714/IV, vgl. den Untersuchungsbericht vom 21.8.1815<br />
MInn 23714/IV, die Schlußresultate des Innenministeriums vom 2.9.1815<br />
MInn 23714/IV, die Schlußresultate des Innenministeriums vom 2.9.1815. Mittermaier konnte<br />
schlüssig nachweisen, daß die Bindekraft eines Eides in diesem Fall mit der Anwendungspraxis nicht<br />
vereinbar sei.