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PDF-Dokument - Burschenschaftsgeschichte

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I. Teil Konfliktfeld: Staat – Gesellschaft – Landsmannschaften in Landshut von 1800 bis 1826 50<br />

Eine Einladung zum Wartburgfest erfolgte mit Rücksicht auf die katholischen Gefühle der<br />

süddeutschen Studentenschaft nicht. Burschenschaftliche Ansätze im Wintersemester<br />

1817/18 scheiterten am staatlichen Verbot (Reskript vom 15.12.1817) und an der<br />

fehlenden Neigung 133 unter den Studenten, wofür das Schreiben des Landshuter<br />

Seniorenconvents im Oktober 1818 nach Jena ein beredtes Zeugnis darstellt. 134 Den<br />

fehlenden Impulsen von innen folgten in Ansätzen erfolgreiche Versuche von außen. Der<br />

burschenschaftlichen Gründung einer Alemannia im Wintersemester 1819/20 erteilte eine<br />

königliche Verfügung eine Absage, ebenso wie der Beschickung der Burschentage von<br />

Berlin, Streitberg und Jena. Des weiteren existierte parallel dazu eine Carolina, die<br />

sogenannte „Adelige Suite“, zu deren Mitgliedern vier zugewanderte Würzburger<br />

Burschenschaftler zählten. Die Dürftigkeit der Quellenlage läßt darüber hinaus keinerlei<br />

Aufschlüsse über Aktivitäten und weitere Existenz dieser Gruppierungen zu, wie<br />

überhaupt die Existenz burschenschaftlicher Gruppierugen eher aus Verlautbarungen des<br />

Seniorenconvents bezüglich ihrer Anerkennungsversuche abzulesen ist. So geschehen<br />

im Oktober 1822, als eine burschenschaftliche Neugründung, vermutlich aus Erlanger und<br />

Würzburger Zuwanderern, um Anerkennung ihrer Waffen nachsuchte. Schriftliche<br />

Verlautbarungen sprechen vom Fehlen derselben (Rektoratsbericht vom 25.6.1823). 135<br />

133<br />

134<br />

135<br />

Diese dürfte unter allen angegebenen Gründen zu diesem Zeitpunkt eine deutliche Präferenz<br />

genossen haben, denn schwerlich hätte sich eine existierende Burschenschaft von behördlichen<br />

Verboten abhalten lassen, an einem außerbayerischen Burschentag teilzunehmen.<br />

Die Wahl der Wartburg als Versammlungsort der allgemeinen Burschenschaft besitzt zwar für die<br />

aus dem protestantischen Teil Deutschlands stammenden Korporationen identitätsstiftende<br />

historische Qualität (vgl. hierzu Malettke, Klaus: Zur politischen Bedeutung des Wartburg-Festes im<br />

Frühliberalismus. In: Darstellungen und Quellen, Band 14, S. 17. Die in diesem Zusammenhang<br />

apostrophierte Bedeutung des Wartburg-Festes als „religiöse Befreiung…“ von der „Fremdherrschaft<br />

des Papsttums“ konnte für süddeutsche katholische Studierende schwerlich denselben<br />

Identifikationspunkt ergeben), mußte aber auf die aus dem katholischen Süden stammenden<br />

Deligierten kontraproduktive Wirkung gerade in bezug auf die dort postulierte Wiederherstellung der<br />

nationalen Einheit erzielen.<br />

Schließlich markierte die „Wartburg“ auch die konfessionelle und in ihrem Gefolge politische Spaltung<br />

Deutschlands und besaß damit als Tagungsort eine negative Symbolik, die sich auch auf die<br />

süddeutschen Burschenschafter übertragen haben dürfte,soweit sie aus dem altbayerischen Raum<br />

stammten.<br />

vgl. Terzi, Alfred Otto von: Münchener Studenten als Revolutionäre. S.148-150. In: Bayerische<br />

Hochschulzeitung Nr. 2 / 1920.<br />

vgl. Terzi, Alfred Otto von: S. 148-150. In: Bayerische Hochschulzeitung Nr. 2/ 1920. Vgl. auch: Saul,<br />

Gerhard: Landshuter Corps 150 Jahre in München. 1472 Ingolstadt - 1800 Landshut - 1826<br />

München. In: Einst und Jetzt, Band 17 (1976), S.179-189. Vgl. auch: MInn 23675/V. Vgl. auch MInn<br />

23714/IV, Bericht vom 23.9.1820. Die Anerkennung als Studentenverbindung wurde<br />

„Organisationen“, die im Verdacht standen, Burschenschaften zu sein, konsequent verweigert. Die<br />

Ablehnungsfront der Landsmannschaften muß hier eine hohe Geschlossenheit aufgewiesen haben,<br />

die Animositäten mit den „Verfemten“ entluden sich in immer wiederkehrenden<br />

Auseinandersetzungen.<br />

Das Bewußtsein, in aussichtsloser Außenseiterposition zu sein, dürfte die Entscheidung von<br />

burschenschaftlichen Bestrebungen Abstand zu nehmen, stark mit beeinflußt haben und die<br />

Initiatoren zum frühzeitigen Verlassen der Universität in Landshut veranlaßt haben.<br />

Es spricht vieles dafür, daß das konsequente Abwehrverhalten der Corps gegenüber<br />

Burschenschaften für deren Nichtentstehen eine höhere Wirksamkeit besaß als die staatlichen<br />

Verbotsreglements, wie auch der Tatbestand, daß die auswärtigen Studierenden als Minderheit in<br />

Landshut keine echte Rückendeckung innerhalb der altbayerischen Studentenschaft fanden, für das<br />

Scheitern der Burschenschaftsbewegung in Landshut von elementarer Bedeutung zu sein scheint.

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