PDF-Dokument - Burschenschaftsgeschichte
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I. Teil Konfliktfeld: Staat – Gesellschaft – Landsmannschaften in Landshut von 1800 bis 1826 81<br />
der Schuld eines seiner Individuen erübrigen, denn, so seine Argumentation, wo die die<br />
Existenz ganzer Korporationen nicht erwiesen sei, so sei eine Mitgliedschaft einzelner<br />
darin ja gar nicht möglich. Die zum Vorschlag gebrachten Urteile fielen daher auch<br />
überaus milde aus und erschöpften sich in Polizeiaufsicht für Heiserer und Poschinger<br />
(unter anderem) und „Consilium abeundi“ für zwei weitere Verdächtige, bei insgesamt<br />
sieben „Verurteilten“. 235<br />
Krüll verhehlte nicht, damit dem Problem nur ungenügend begegnet zu sein, war ihm<br />
doch bewußt, daß die sieben betreffenden Studierenden lediglich die Spitze des<br />
Eisberges darstellten und die Masse der Involvierten zu Unrecht straffrei ausginge und<br />
den Zunftgeist weiter transportieren würde. Bei seinen Vorschlägen für ein zukünftiges<br />
Vorgehen konnte Krüll mit einer breiten Unterstützung sogar von seiten von Chrismars<br />
rechnen, sollten doch die akademischen Gesetze eine ausschöpfend strenge Anwendung<br />
erfahren (obschon man sie nicht für das geeignetste Mittel hielt) bis hin zur Bestrafung<br />
von Fechtclubs, der Akzeptanz des Tragens von Farbbändern als Beweis für die<br />
Mitgliedschaft in einer verbotenen Gesellschaft, der Zwangsverweisung bereits<br />
absolvierter Studierender von der Universität, da sie als „Lehrmeister“ für die neu<br />
Immatrikulierten fungieren würden, sowie der nachdrücklichen Einforderung von Rechtsund<br />
Behandlungsgleichheit unter den Universitäten den Studentenverbindungen<br />
gegenüber. 236 Lediglich in bezug auf die letztgenannten Vorschläge konnte sich Krüll<br />
eines ungeteilten Echos sicher sein. Was die Beweisbarkeit der Studentenverbindungen<br />
und die Mitgliedschaft der Studierenden in denselben anbelangte, so stieß Krüll nicht nur<br />
bei Zentner (dem Innenminister) auf Unverständnis, 237 sondern forderte bei von Chrismar<br />
und von Hellersberg zornigen Protest und den Vorwurf der Parteilichkeit heraus, ein<br />
Vorwurf, der durch Krülls eigenes unvorsichtiges Taktieren noch zusätzliche Nahrung<br />
erhielt, indem er vorgab, über Materialien zu verfügen, die seine These belegen würden<br />
(von der Nichtexistenz der Studentenverbindungen), ohne je zur Offenlegung dieser<br />
Beweismittel bereit zu sein. Von Chrismar und Hellersberg hingegen waren sowohl von<br />
der Existenz geheimer Verbindungen überzeugt wie auch von der individuellen Schuld<br />
nicht nur der bereits Abgeurteilten, sondern von einer derartig hohen Zahl Verdächtiger,<br />
daß, sollte man die Untersuchungen mit dem nötigen Nachdruck führen, die Mehrheit der<br />
Studierenden mit der Strafe der Relegation belegt werden müßte. Es ginge aber nicht an,<br />
so von Chrismar, eine kleine Zahl Studierender zu bestrafen und die Masse der<br />
Schuldigen laufen zu lassen. Entweder amnestiere man alle oder bestrafe alle Beteiligten,<br />
so seine Forderung. Im übrigen verwies er in seinem Plädoyer auf die Unmöglichkeit,<br />
235<br />
236<br />
237<br />
MInn 23714/IV, der Senatsbericht vom 15.2.1815<br />
MInn 23714/IV, der Senatsbericht vom 15.2.1815<br />
MInn 23714/IV, vgl. die Stellungnahme des Innenministers zu den Untersuchungsergebnissen vom<br />
31.3.1815