PDF-Dokument - Burschenschaftsgeschichte
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II. Teil Konfliktfeld: Staat – Gesellschaft – Burschenschaft in München von 1826 bis 1833 186<br />
entgegentritt, daß aus der Revolutionsbereitschaft einzelner „Ultras“ keine<br />
Totalverurteilung der Burschenschaft in ihrer Gesamtheit resultieren könne. Mit dieser<br />
Argumentation streift er den neuralgischen Punkt der behördlichen Untersuchung, die in<br />
ihrer Nachforschung bezüglich des „Verpflichtungscharakters“ den weitgreifenden<br />
Aussagen einzelner Burschenschafter (Schrader, Brüggemann und andere) den Status<br />
eines verbindungsoffiziösen Statements zubilligt und somit die Privatmeinung einzelner<br />
zum „Burschengesetz“ mit entsprechenden Konsequenzen für die Urteils- und<br />
Strafbestimmungen erhebt. Dagegen setzte sich Heer entschieden zur Wehr.<br />
Pölnitz 551 hingegen billigte gerade dem Frankfurter Burschentag entschieden politischen<br />
Charakter zu, dessen Bedeutung eben im Beschluß zum Übergang in ein entschieden<br />
politisches Handeln bestand. Dieses politische Handeln schloß natürlich auch die<br />
Anwendung von Gewalt mit ein, die verharmlosenden (so Pölnitz) Aktionsprogramme,<br />
deren Inhalte wie politische Überzeugungsarbeit und ähnliches mehr vom<br />
Untersuchungsausschuß ans Tageslicht gebracht wurden, waren nach seiner Lesart vom<br />
Burschentag lediglich als Ablenkungsmanöver gedacht, um einen direkten<br />
Revolutionsvorwurf zu verunmöglichen. Gerade den Führungsfiguren wie Körner kam<br />
nach Pölnitz bei der Propagierung dieser neuen entschieden handlungsorientierten<br />
Vorgehensweise des Allgemeinen Verbandes eine überragende Integrationsrolle zu, die<br />
sie insoweit mit Erfolg spielen konnten, als es ihnen gelang, die wankenden Elemente<br />
innerhalb der Burschenschaft auf die Generallinie des Allgemeinen Verbandes<br />
einzuschwören. Gerade im Hinblick auf die Germania München konstatierte Pölnitz eine<br />
begeisternde Zustimmung ohne ankränkelnde Diskussion im Hinblick auf die Frankfurter<br />
Beschlüsse.<br />
Bliebe festzuhalten, daß all diesen Argumentationsschemata etwas gewollt Einseitiges<br />
anhaftet, da gerade bei der Beurteilung von „Jugendorganisationen“ dem Prinzip der<br />
Geschlossenheit schon aufgrund des dem Alter innewohnenden Spontaneitätsfaktors nur<br />
geringe Bedeutung zuzusprechen ist. Der Allgemeine Verband war sicher nicht der<br />
monolithische Block, als welcher ihn der Untersuchungsausschuß sehen wollte, so wenig<br />
wie die einzelnen Burschenschaften selbst. Dem schnellen Ja konnte ein ebenso<br />
überraschendes Nein folgen und die Überzeugung von heute zur Makulatur von morgen<br />
verkommen. Es hieße, den fluktuativen Charakter und juvenile Sprunghaftigkeit<br />
verkennen, wenn man Burschenschaft mit der Elle etablierter politischer Parteien<br />
ausmessen wollte und ihnen damit einen Ernst und eine Gefährlichkeit zubilligte, die sie<br />
nachdrücklich in diese Rolle hineindrängen mußten.<br />
551<br />
vgl. Pölnitz, Frhr. Götz von: München 1930, S. 50-53