PDF-Dokument - Burschenschaftsgeschichte
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I. Teil Konfliktfeld: Staat – Gesellschaft – Landsmannschaften in Landshut von 1800 bis 1826 46<br />
aus der Welt zu schaffen, sondern man beleidigte, um sich schlagen zu können“. 125 Alle<br />
Versuche, die Duellrituale zu modifizieren, bis hin zur Forderung nach ihrer Abschaffung,<br />
hatten lediglich die Mißachtung der Befürworter zur Folge (Schokoladisten, Sulphuristen),<br />
ein Schicksal, das Duellgegner und Nichtkorporierte in gleicher Weise zu erdulden hatten.<br />
Der verinnerlichte und verfeinerte Ehrbegriff der burschenschaftlichen Bewegung fand mit<br />
dem Ende der Burschenschaften keine Fortsetzung. Dominant blieb über das 19.<br />
Jahrhundert hinaus die gröbere Variante dieses Begriffs. 126<br />
Einen wichtigen Platz in der Reglementierung des „burschenschaftlichen“ Alltagslebens<br />
nahmen Bestimmungen zur Ritualisierung der Geselligkeit ein. Die in das Auge gefaßten<br />
Versammlungsorte unter den Gasthäusern der Universitätsstadt, die sogenannten<br />
Commershäuser, hatten den studentischen Forderungen nach großzügiger<br />
Kreditvergabe, niedriger Preise sowie angemessener Bierqualität in vollem Umfang zu<br />
entsprechen und liefen Gefahr, sich den Unmut der Korporationen bis hin zum „Verschiß“<br />
bei Nichterfüllung bzw. Aufkündigung der gewohnten Leistungen zuzuziehen. Die im<br />
äußeren Erscheinungsbild offensiv zur Schau getragene Zugehörigkeit zu einer<br />
Landsmannschaft nahmen gerade in Landshut die Behörden zum Anlaß, durch kleinliche<br />
Verbotsregularien den Korporierten das Wasser abzugraben 127 .<br />
Im allgemeinen war der den Landsmannschaften vorauseilende Ruf schlecht. Zwar<br />
konnte der Pennalismus eingedämmt werden, verschwunden war er aber keineswegs.<br />
Beklagt wurden häufig die Arroganz der Landsmannschaften, ihr renommistisches<br />
Auftreten als Konsequenz ihrer Entlassung aus übertriebener Schulzucht in die<br />
universitäre Freiheit hinein, mit der sie wenig anzufangen wußten. Schikanen den<br />
Rennoncen und den übrigen Studierenden gegenüber waren an der Tagesordnung. Nicht<br />
selten wandten diese sich in ihrer Not an die öffentlichen Organe um Schutz. 128<br />
Erklärtes Ziel war dieses „unnütze Treiben“ bei Gründung der Landsmannschaften<br />
keineswegs. Nach dem Willen ihres Gründers Max Freiherrn von Ow beispielsweise sollte<br />
die Landshuter Landsmannschaft Suevia sowohl politisch wie geistig existieren.<br />
Sittlichkeit, Humanität und Liebe zu den Wissenschaften sollten die Grundpfeiler ihrer<br />
Existenz bilden, einem veredelten Ton an der Universität und der Herausbildung tüchtiger<br />
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Beckenbauer, Alfons: München 1992, S.229. Wobei zur Regelung der gegenseitigen Verhältnisse<br />
von den Corps häufig schriftliche Kartellabmachungen getroffen wurden, die die Verfahrensweisen<br />
bei Duellen, Kriterien der Honorigkeit, Bestimmungen über gelinden und entehrenden Verschiß<br />
genau fixierten und dies über die Reglements der einzelnen Corps hinaus.<br />
vgl. Bruchmüller, Wilhelm: Leipzig/Berlin 1922, S.80/81<br />
vgl. ebd. S.164f. Das Zur-Schau-Tragen der Farbbänder wurde von den Behörden als<br />
republikanisches Signal gewertet, die in die Pfeifenköpfe und Knotenstöcke eingravierten<br />
Geheimzeichen galten als ein alten Geheimbünden entlehntes Erkennungszeichen und riefen<br />
ebenso behördlichen Argwohn hervor.<br />
vgl. Gareis, Karl: Die Münchener Burschenschaft Arminia. Werden und Schicksal. München 1967,<br />
S.1/2