PDF-Dokument - Burschenschaftsgeschichte
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II. Teil Konfliktfeld: Staat – Gesellschaft – Burschenschaft in München von 1826 bis 1833 188<br />
Germanen Benno von Reisch 558 ebenso wie das ein Jahr später in seiner Rückschau<br />
getätigte Stimmungsbild des Germanen Hammer: „Es geht also insoweit und für<br />
Münchener recht tröstlich zu, sowie überhaupt alle die Gewalttaten und namentlich die der<br />
bayerischen Regierung gegen die Presse ein wahres Labsal meiner Seele 559 waren; denn<br />
das verbittert den altbayerischen Bürgersmann und gewinnt ihn bei gehöriger Nachhilfe<br />
für unsere Sache, wenn er sieht, wie sein Eigentum, sein Haus und Gut ungestraft<br />
angetastet werden kann, wenn er sieht, daß das Zutrauen, das er zu den Institutionen des<br />
Staates hegt, verhöhnt wird. Das macht das alte Gebäude hohl und morsch, so daß, wenn<br />
es einst zu stürzen beginnt, er, wenn er auch nicht mitzustürzen die Kraft hat, doch<br />
wenigstens auch nicht mehr es zu halten und zu verteidigen strebt. Das wissen sie auch<br />
recht gut, die hohen und allerhöchsten Herrschaften, und darum haben sie auch nicht das<br />
Herz, Krieg anzufangen; denn es ist bei Gott köstlich! – Keiner kann seinem getreuen<br />
Volke recht trauen.“ 560<br />
Hammer übertreibt sichtbar, wenn er den Verdruß des „Normalbürgers“ gegenüber dem<br />
angestammten Königshaus in derart grellen Farben skizziert, verrät damit aber auch jene<br />
für die Germanen so fatale falsche Einschätzung der Bereitschaft der Bürger, für ein<br />
„anderes, neues“ Deutschland einzutreten. Es sollte sich als eine der kardinalen<br />
Fehleinschätzungen der späteren „Revolutionäre“ erweisen, für das Gelingen der<br />
Revolution dem nicht zu quantifizierenden Unterstützungsfaktor „Bürger“ einen so hohen<br />
Stellenwert eingeräumt zu haben.<br />
Andererseits ist es Hammer nicht entgangen, daß das verletzte Ehrgefühl des Monarchen<br />
angesichts der erwachsenden Opposition in Parlament und Publizistik zu keinerlei<br />
anderen Problemlösungsstrategien fähig zu sein schien als die neoabsolutistischen<br />
Tendenzen, die seit einiger Zeit sichtbar geworden waren, zu verstärken und damit die<br />
Erbitterung so weit zu steigern, daß bei nachlässiger Betrachtung der Dinge (und die<br />
Germanen tun das) eine finale Problemlösung als unausweichlich erscheinen mußte.<br />
558<br />
559<br />
560<br />
vgl. 5.1.3<br />
Hammer nimmt damit Bezug auf die tumultuarischen Ereignisse rund um den Landtag des Jahres<br />
1831, zu dessen Kerndiskussion die Frage nach der Rücknahme jener im Januar 1831 erlassenen<br />
Zensurverordnung gehörte, sowie die Neufassung eines auch für liberale Abgeordnete akzeptablen<br />
Pressegesetzes, zu dem es aufgrund der Heterogenität der Auffassungen, bedingt auch durch die<br />
kulminierenden Zeitverhältnisse, nicht kommen sollte.<br />
Rep. 97/VIII/Band 2/Blatt 448. Vgl. auch Wehner, Philipp, München 1917, S. 79