PDF-Dokument - Burschenschaftsgeschichte
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I. Teil Konfliktfeld: Staat – Gesellschaft – Landsmannschaften in Landshut von 1800 bis 1826 119<br />
auch nicht adeliger Bewerber wie die Teilnahme von vier ehemaligen Würzburger<br />
Burschenschaftlern gelten. 335<br />
Die latente Feindseligkeit zwischen Corps und Carolina findet ihre griffigste Erklärung<br />
sicherlich im hohen, wenn nicht ausschließlichen Offiziersanteil adeliger Provenienz auf<br />
seiten der Carolina, und die gerade in den Jahren 1819/20 wieder gehäuft zu<br />
beobachtenden Auseinandersetzungen zwischen Corps und Militärs erhalten von daher<br />
einen zusätzlichen Impetus. Die Corps steckten die Carolina in Verruf, vermutlich<br />
aufgrund der verweigerten Satisfaktionsmöglichkeit, die Carolina rächte sich in gezielter<br />
Denunziation der Corps bei den Universitätsbehörden und wird so zur Auslöserin einer<br />
erneuten Vebotswelle gegenüber den Corps. Über das Ende der Carolina ist nichts<br />
bekannt, sieht man davon ab, daß ihr Verschwinden von den Corps ohne Bedauern zur<br />
Kenntnis genommen wird und den Behörden zwar ihre Existenz bekannt war, aber zu<br />
keiner Zeit in Verbindung zu burschenschaftlichen Aktivitäten gesehen wurde. 336<br />
10. Bayern und die Karlsbader Beschlüsse<br />
10.1. Die Umsetzung der Beschlüsse in Bayern<br />
Die Karlsbader Beschlüsse traten am 20.9.1819 auch für Bayern in Kraft. Zuvor billigte am<br />
4.9.1819 eine geheime bayerische Ministerkonferenz (unter ihnen Rechberg, Thürheim,<br />
Wrede und Zentner) unter Ausschluß und Nichtinformation aller möglichen Opponenten<br />
die relevanten Inhalte ohne Vorbehalt. Der bayerische Gesandte im Bundestag wurde<br />
angewiesen, allen Beschlüssen – trotz bundesrechtlich unzulässigen Vorgehens bei ihrer<br />
Verabschiedung – zuzustimmen. Die bayerische Opposition unter Maximilian Frhr. von<br />
Lerchenfeld wird erst anläßlich der noch zu vollziehenden Publikation der Beschlüsse ihre<br />
verfassungsrechtlichen Bedenken mit einigem Erfolg zur Sprache bringen können. 337<br />
Die Beschlüsse bestanden im wesentlichen aus drei Gesetzen. Das Universitätsgesetz<br />
sah in Art. 1 für alle deutschen Universitäten die Einrichtung eines „landesherrlichen<br />
Bevollmächtigten“ mit dem Auftrag, die akademischen Gesetze und Disziplinarvorschriften<br />
durchzusetzen, vor, die „Wahrung der Sittlichkeit, der guten Ordnung und des äußeren<br />
Anstandes“ unter den Studierenden zu überwachen, sowie den Professoren bei ihren<br />
Lehrveranstaltungen auf die Finger zu sehen. Jede politische Äußerung mit kritischem<br />
335<br />
336<br />
337<br />
Nach anderen Quellen (Kurz, Ferdinand: Geschichte des Corps Bavaria, S.384f) resultierten die<br />
latenten Feindseligkeiten zwischen Landsmannschaften und Carolina gerade aus deren elitärem<br />
Ausschließlichkeitsverhalten mit Satisfaktionsverweigerung gegenüber Nichtadeligen wie der<br />
Nichtaufnahme derselben, zudem wurde das Verhältnis der Carolina zu den vier Corps durch deren<br />
zum Teil personelle Überschneidung bzw. zumindest starke Affinität zum Offizierscorps der dortigen<br />
Garnison zusätzlich erschwert.<br />
vgl. Wehner, Philipp: München 1918 S.86f<br />
vgl. Büssem, Eberhard: München 1972 S.437/38