PDF-Dokument - Burschenschaftsgeschichte
PDF-Dokument - Burschenschaftsgeschichte
PDF-Dokument - Burschenschaftsgeschichte
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
II. Teil Konfliktfeld: Staat – Gesellschaft – Burschenschaft in München von 1826 bis 1833 144<br />
Frühzeitig schon hatten die Burschenschaften gelernt, durch taktisch kluges Verhalten die<br />
eigenen Absichten mit landsmannschaftlichen Attributen zu ummänteln, um durch<br />
Anerkennung durch den von der Landshuter Zeit her bekannten Corps dominierten SC<br />
Satisfaktions- und Agitationsfähigkeit zu erreichen.<br />
Kurz: Aus Amicitia/Germania wurde kurzerhand Arminia, Akzeptanz des Komments sowie<br />
Namensliste der Corpsburschen und Rennoncen wurden zugesichert, aus den Farben<br />
Schwarz-Rot-Gold machte man Rot-Gold-Schwarz, und der Aufnahme der Arminia im SC<br />
als fünftes Corps am 22.1.1827 stand nichts mehr im Wege. 415 Daß man aber nicht gewillt<br />
war, offensichtliche burschenschaftliche Aktivitäten zu tolerieren, zeigte die<br />
Verrufserklärung des SC (zu dieser Zeit noch von Bavaria und Isaria repräsentiert)<br />
gegenüber Arminia vom 16. Juni 1827.<br />
Die Existenz der Arminia wird am 24.6.1827 enden, nachdem man sich offen zu<br />
burschenschaftlichen Tendenzen bekannte und ohne Umschweife sein Bedauern zum<br />
Ausdruck brachte, daß der SC nicht in diesem Sinne instrumentalisierbar gewesen sei. 416<br />
Die Gründung der ersten Burschenschaft „Marcomannia“ erfolgte durch Erlanger und<br />
Würzburger Burschenschafter, wohl zum Teil identisch mit jenen Studierenden, die sich<br />
bereits durch die Verweigerungshaltung des SC vom 21. November 1826 zu diesem<br />
Schritt genötigt sahen und durch Zuläufe der aufgelösten Arminia vom 24.6.1827 an Zahl<br />
und Schlagkraft gestärkt wurden. Ob das Gründungsjahr auf den Herbst 1826 zu datieren<br />
ist bzw. um ein Jahr nachverlegt werden muß, ist vor allem relevant hinsichtlich der<br />
Teilnahme der Müncher- Burschenschaft am Burschentag in Augsburg im Herbst 1827. 417<br />
Laut Gerhard Joseph Compes 418 , einem der Gründungsmitglieder der späteren Germania<br />
in München, hatte die Marcomannia eine „germanische Verfassung mit engerem Verein,<br />
Rennoncen und Brauchpflichtigen“. 419<br />
415<br />
416<br />
417<br />
418<br />
419<br />
vgl. Kurz, Ferdinand: S. 338. Die zögerliche Haltung der etablierten Corps resultierte auch aus<br />
Gerüchten von "sogenannten Zeugen", die von verdächtigen Redereien sprachen, die den Hinweis<br />
auf eine Burschenschaft erkennen lassen würden. Auch Kontakte zu auswärtigen Burschenschaften<br />
wurden ihnen nachgesagt (vgl. QuD/Band X S. 154).<br />
vgl. ebd., S. 339/340<br />
vgl. Burschenschaftliche Blätter Nr. 6. Dort wird das Jahr 1826 als Gründungsjahr angegeben im<br />
Gegensatz zu Alfred Otto von Terzi: Münchner Studenten als Revolutionäre, S. 149, der das Jahr<br />
1827 als Gründungsjahr nennt. Vgl. auch QuD/Band X S. 156. Heer schließt sich der Version, wie sie<br />
in den Burschenschaftlichen Blättern gegeben wird, an. Wehner läßt die Frage nach der Gründung<br />
der Marcomannia offen, äußert aber die Vermutung, daß das Nebeneinanderexistieren mehrerer<br />
Burschenschaften schwer vorstellbar sei. In der Literatur zumindest liegt über das erste Erscheinen<br />
der Marcomannia keine gesicherte Erkenntnis vor. Demnach müssen beide Daten für möglich<br />
gehalten werden.<br />
Gerhard Joseph Compes, geb. am 21.2.1810 als Sohn eines Ökonomen, Student der Jurisprudenz in<br />
Bonn und München (Wintersemester 1828/29), später Advokat in Köln und Krefeld (vgl. G.St.B., Rep.<br />
97/VIII/Band 2)<br />
zitiert in QuD/Band X S. 156