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PDF-Dokument - Burschenschaftsgeschichte

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I. Teil Konfliktfeld: Staat – Gesellschaft – Landsmannschaften in Landshut von 1800 bis 1826 47<br />

Beamter für den Staat der Weg geebnet werden. Allerdings scheinen Anspruch und<br />

Wirklichkeit, wenn man dem Urteil Clemens Brentanos Glauben schenken darf, weit<br />

auseinandergeklafft zu sein, ein Urteil, welches von Ringseis nicht geteilt wird. 129 Auch die<br />

Vielzahl der Rektoratsberichte ist diesbezüglich wenig aussagekräftig, da bei der<br />

Beurteilung studentischer Verhaltensweisen der jeweilige persönliche Bezugspunkt des<br />

Verfassers gegenüber dem Corps zu stark im Vordergrund zu stehen scheint.<br />

Im Mittelpunkt des studentischen Selbstverständnisses stand die Wahrung der<br />

akademischen Freiheit, deren Verteidigung sich gerade in Landshut als schwierig erwies.<br />

Das sich stark entfaltende studentische Selbstbewußtsein fand seine Begrenzung nicht<br />

nur an staatlichen Verbotsreglements, sondern in der ebenso eifersüchtig vertretenen<br />

Offiziersehre der dortigen Garnison. Als dritte korporative Kraft traten die<br />

Handwerksgesellen in Erscheinung, die allerdings aufgrund fehlender<br />

Satisfaktionsfähigkeit das studentische Ehrgefühl nicht wirklich tangieren konnten. Heftige<br />

gegenseitige Auseinandersetzungen blieben aber auch hier nicht aus (sogenannte<br />

Knotenholzereien). Eskalierenden Charakter nahmen jedoch die Auseinandersetzungen<br />

mit dem Militär bzw. der Polizei an. In den Jahren 1811 und 1820 reagierten die<br />

Verbindungen auf unverhohlenen Gewaltausbruch von der Gegenseite jeweils mit<br />

Auszügen aus der Stadt und Vorlesungsboykott, wie an anderer Stelle noch ausführlicher<br />

darzustellen sein wird. Konnten sich die Studierenden bei Verteidigung der verletzten<br />

Ehre bis 1820 auf die universitäre Rückendeckung verlassen, so wurde diese unter dem<br />

Rektorat Zimmer anläßlich der Auseinandersetzung mit den Kürassieren vom 6.5.1820<br />

aufgekündigt. Dieses Ereignis wirkte auf das Selbstwertgefühl der Studenten wie ein<br />

Schock. Ein Riß schien mitten durch die Universität zu gehen, und in der Folgezeit blieb<br />

das Verhältnis zwischen Behörden und studentischem Selbstwertgefühl von Mißtrauen<br />

und latenter Gereiztheit geprägt, nicht zuletzt durch die Verschärfung kleinlicher<br />

Bestimmung im Gefolge der Karlsbader Beschlüsse. 130<br />

Eine süddeutsche Variante des nationaldeutschen Elements, welches sich infolge<br />

napoleonischer Bedrückung über ganz Deutschland ausbreitete, ließ sich auch unter der<br />

Landshuter Studentenschaft beobachten, ohne daß indes eine Unterscheidung zwischen<br />

korporierten und nichtkorporierten Studenten möglich wäre. Es zeigte sich aber bald, daß<br />

die durch die norddeutschen Universitätslehrer lancierte nationaldeutsche Ideenwelt bei<br />

den Studenten über einen verschwommenen romantisch-verbrämten Patriotismus nicht<br />

129<br />

130<br />

vgl. Pölnitz, Götz Freiherr von: Die Deutsche Einheits- und Freiheitsbewegung in der Münchener<br />

Studentenschaft (1820-1850), S.22. München 1930<br />

vgl. Beckenbauer, Alfons: München 1992, S.219-224

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