PDF-Dokument - Burschenschaftsgeschichte
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II. Teil Konfliktfeld: Staat – Gesellschaft – Burschenschaft in München von 1826 bis 1833 224<br />
Die anfängliche Libertinage Ludwigs I. machte das Entstehen einer schon frühzeitig<br />
politisch-bewußten Burschenschaftsbewegung möglich, wenn auch eher als<br />
unerwünschtes Ergebnis jenes Ediktes vom 31.7.1827 (vgl. hierzu Punkt 2.2.). Die<br />
treibenden Kräfte in bezug auf eine germanische Ausrichtung der<br />
Burschenschaftsbewegung finden sich in Würzburg, Erlangen und schließlich München.<br />
Daß bei diesem Transformationsprozeß, zumindest aus Münchener Sicht, norddeutsche<br />
Zuwanderer (unter anderem Gustav Peter Körner, Guitienne etc.) die entscheidenden<br />
Weichen stellten, gewinnt als Randbemerkung insofern Gewicht, als unter ähnlicher<br />
Konstellation in Landshut ein derartiger Transformationsprozeß nicht einsetzte.<br />
Die in der älteren (Heinloth), aber auch neueren Literatur (Polster) gern als Bagatelle<br />
abgetanen „Dezemberereignisse“ von 1830 gewinnen unter dem Gesichtspunkt, daß bei<br />
den sich tagelang hinziehenden Auseinandersetzungen zwischen Polizei, Soldateska und<br />
Studierenden (neben den aus Landshuter Tagen hinlänglich bekannten Animositäten<br />
zwischen den Kombattanten) sich eine auffällige studentisch-burschenschaftliche<br />
Geschlossenheit mit erheblichem Behauptungspotential zeigte, eine neue, von seiten der<br />
Behörden durchaus eruierte Bedrohungsqualität. Daß dieses Ereignis mit der daraus<br />
resultierenden behördlichen Überreaktion den Ludwigschen<br />
Scheinliberalismus nicht nur entlarvte, sondern den Übergang zur konservativen Wende<br />
mit neoabsolutistischer<br />
Attitüde beschleunigte, ließ die Konfliktsituation sehr schnell eskalieren. Es ist müßig, die<br />
eine und die andere Seite als „treibende Kraft“ ausmachen zu wollen. Natürlich goß das<br />
Presseedikt (vgl. Punkt 4) Öl in das Feuer und hatte einen unversönlichen Landtag zur<br />
Folge. Aber der Politikstil jener Zeit entbehrte generell so sehr jeglichen „Konsenswillens“,<br />
daß die jeweils eigenen Forderungen die vollständige Preisgabe der „gegnerischen“<br />
Zielvorstellungen beinhalteten. Nicht zu verkennen ist auch, daß zwei nicht<br />
auszutarierende Ordnungsmodelle (Fürstenstadt hier, „Republikanismus“ dort) in einem<br />
unlöslichen Konflikt aufeinandertrafen.<br />
Daß der „Fürstenstaat“ bayerischer Prägung, in seiner neoabsolutistischen Ausformung<br />
einseitig ein Ergebnis königlichen Selbstverständnisses, diesen ausweglosen Konflikt,<br />
allerdings durch spezifisch bayerische Besonderheiten mit bedingt (unter anderem der<br />
Konfliktherd Pfalz mit seinen aus der französischen Zeit herrührenden, so ganz anders<br />
gearteten Selbstverwaltungssystem sperrte sich von Anfang an gegen die nicht selten<br />
demütigende bayerisch-absolutistisch-bürokratische Einvernahme und eignete sich von<br />
daher vorzüglich als Rückzugs- und Entfaltungsgebiet für die freie Presse und deren<br />
organisatorischer Exponenten), eine entscheidende Schärfung verlieh, sollte nicht