PDF-Dokument - Burschenschaftsgeschichte

I. Teil Konfliktfeld: Staat – Gesellschaft – Landsmannschaften in Landshut von 1800 bis 1826 49
innerhalb der Landshuter Studentenschaft weder in diesem Kontext noch in dieser
Wirkkraft echt nachweisbar ist.
Der evidente Antinapoleonismus der Landshuter Studenten wird sich zwar ähnlich wie im
Norden ins Befreiungskriegspathos entladen – obschon die Bitte nach einer
akademischen Legion abschlägig beschieden wurde –, im Unterschied zum Norden
Deutschlands kann sich eine burschenschaftliche Bewegung aber nicht etablieren. Zu
stark wurzelte der bayerische Partikularismus, zu schwach war das demokratische
Element innerhalb der Korporationen ausgeprägt, wie die gescheiterte Rennoncenrevolte
von 1811 zeigte. Die behördliche Verfolgungswelle gegenüber den Corps, die massiv im
Jahre 1814 einsetzte, ließ die Corps von burschenschaftlichen Gründungen Abstand
nehmen.
In der Tat führte die Rennoncenrevolte eher zu einer Verfestigung des Status Quo
innerhalb der Landsmannschaften und entschiedener Abgrenzung der inneren
Führungszirkel von den Rennoncen, auch wenn die Stellung der Rennoncen innerhalb der
Corps verbessert wurde. Demokratische Ansätze als Vorstufe zu Burschenschaften
zeigen sich anläßlich dieser Revolution durchaus, erweisen sich aber nicht als
bestimmend. Der bayerische Patriotismus als Partikularerscheinung dürfte bei der
Bewertung dieses Vorgangs sicher keine untergeordnete Rolle spielen, ist aber für sich
als erschöpfender Erklärungsansatz zu schwach. Die verschärft einsetzende Verfolgung
der Corps im Jahre 1814 zeigte den Corpsmitgliedern deutlich, daß man behördlicherseits
gewillt war, über die Mitgliedschaft in einer verbotenen Verbindung hinwegzusehen,
soweit sie sich unpolitisch präsentierte, bei Anzeichen politischer Aktivität aber
kompromißlos die angedrohte Ausschließung aus dem Staatsdienst zu verfechten.