PDF-Dokument - Burschenschaftsgeschichte
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I. Teil Konfliktfeld: Staat – Gesellschaft – Landsmannschaften in Landshut von 1800 bis 1826 48<br />
hinausging und der „preußische Jakobinismus“ der weitgehend partikular geprägten<br />
politischen Lebenswelt der Landshuter Studenten fremd blieb. 131<br />
Nichtsdestotrotz galt Landshut sowohl den bayerischen Behörden, die bestrebt waren,<br />
jedwede antifranzösische Ressentiments im Keim zu ersticken, wie der französischen<br />
„Besatzungsmacht“ selbst als Hort der Unruhe und der Franzosenfeindschaft. Ein<br />
verschärfter behördlicher Zugriff besonders im Jahre 1809 war die Folge, und das<br />
Landgericht Miesbach wurde mit der Untersuchung der Gährung und Unruhe unter den<br />
Studenten, aber auch unter der Bürgerschaft, beauftragt. Zwar erbrachten Überwachung<br />
und Bespitzelung nicht die von den Behörden erhofften Ergebnisse, der<br />
Verdachtsmoment aber blieb, machte doch der französische Stadtkommandeur Lacroix<br />
bei Auseinandersetzungen zwischen französischen Soldaten und Landshuter Zivilisten die<br />
Studenten der Universität für den Ausbruch der Feindseligkeiten verantwortlich, und die<br />
französischen Behörden verlangten ihrerseits eine rückhaltlose Aufklärung und<br />
Bestrafung der Verantwortlichen. Letztlich führten die Nachforschungen auch hier zu<br />
keinem greifbaren Ergebnis, die Vorfälle zeigten aber, daß zwischen der offiziösen<br />
bayerischen Regierungspolitik gegenüber Frankreich und dem Meinungsbild weiter<br />
Bevölkerungsteile eine tiefe Diskrepanz bestand, die unter Verschluß zu halten<br />
vorrangiges Anliegen der bayerischen Regierung war. 132<br />
Bei der hier vorgenommenen Darstellung der in Landshut evidenten<br />
„Franzosenfeindschaft“ wurde die Quelle (Fußnote 132) bereits weitgehend von<br />
Einseitigkeiten und Übertreibungen, wie sie sie in bezug auf den an der Universität<br />
Landshut herrschenden „nationalen Geist“ aufweist, befreit. Quellenkritisch betrachtet,<br />
geht es dem Autor (Kern, F.) im Text auch gar nicht darum, den Grad der<br />
„Franzosenfeindschaft“ und des „nationalen Geistes“ in Landshut seriös zu eruieren,<br />
sondern Erscheinungsjahr und Thematik lassen darauf schließen, daß am Vorabend der<br />
gewaltsamen Revision von „Versailles“ eine publizistische Verbindungslinie von den<br />
Ereignissen des Jahres 1806 zu denen des Jahres 1939 und darüber hinaus gezogen<br />
werden sollte.<br />
Daß der Text dennoch seine Wichtigkeit gerade in bezug auf die latent vorhandene, im<br />
Verlauf der napoleonischen Ära zunehmenden „Franzosenverdrossenheit“ besitzt,<br />
bedingte seine Verwendung an dieser Stelle, obschon eine geistige Dominanz der<br />
norddeutschen Hochschullehrer bei der Verankerung des nationalen „Befreiungspathos“<br />
131<br />
132<br />
vgl. Pölnitz, Götz Freiherr von: München 1930, S.24-26<br />
vgl. Kern, F.: Landshut, ein Hort des deutschen Nationalismus. Die Univeristät und die politischen<br />
Gespräche in der Spitalzechstube 1805.. In: „Am stillen Herd“.Beilage der „Landshuter Zeitung“ für<br />
Heimat und Völkerkunde.12 Jhrg. / März 1939. Nr. 12-14