PDF-Dokument - Burschenschaftsgeschichte
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II. Teil Konfliktfeld: Staat – Gesellschaft – Burschenschaft in München von 1826 bis 1833 193<br />
ideologischen Gräben zwischen Opposition und Regierung erweitert hatten. Der König<br />
zeigte sich tief verletzt von der Tatsache, daß es einer Volksvertretung erlaubt sein<br />
konnte, den königlichen Etat (Zivilliste) nach Belieben zu kürzen bzw. nach eigenem<br />
Gutdünken festsetzen zu können und so das Gefühl vermitteln konnte, den König<br />
finanziell in der Hand zu haben.<br />
Letztlich machte aber dieser Landtag den fundamentalen Standortunterschied in der<br />
Verfassungsfrage offenbar: Ludwig als Vertreter des Gottesgnadentums mochte die<br />
Verfassung nie anders als „freiwillige Selbstbeschränkung des Monarchen“ im Sinne<br />
eines großmütigen Geschenks verstehen, welches durch die Abgeordneten der Zweiten<br />
Kammer mißbraucht wurde; die liberalen Abgeordneten der Zweiten Kammer, es sei hier<br />
von Closen zitiert, hingegen empfanden den Landtag als Tribüne des „Kampfes zwischen<br />
Absolutismus und Repräsentativsystem“, dessen Ausgang aber noch nicht entschieden<br />
war. 574<br />
Der Zweiten Kammer ging es um Emanzipation und Akzeptanz als gleichwertige dritte<br />
Kraft neben Regierung und Erster Kammer. Es war unschwer hervorzusehen, daß in der<br />
Folgezeit diese Auseinandersetzung an Schärfe zunehmen mußte. Die Burschenschaft<br />
Germania in München, in engem Schulterschluß und häufigem Verkehr mit den<br />
Abgeordneten des Landtages 575 , die sich überdies aus erster Hand ein Bild von den<br />
Ereignissen im Landtag machen konnte, erfuhr im Verlauf jener Landtagssession eine<br />
nachhaltige Politisierung, die es ihr ermöglichte, die eigene Haltung federführend im<br />
Allgemeinen Verband (Körner in Frankfurt) zu positionieren.<br />
5.2. Vom Frankfurter Burschentag bis zum Stuttgarter Burschentag<br />
5.2.1. Das Ministerium Öttingen-Wallerstein<br />
Mit dem Beginn des Jahres 1831 – also unmittelbar im Anschluß an die Beendigung des<br />
Landtages – trat Fürst Ludwig zu Öttingen-Wallerstein die Nachfolge des glücklosen<br />
Schenk als Innenminister an. Öttingen-Wallerstein stand im Ruf, „weit konservativer<br />
eingestellt zu sein als sein Vorgänger, wenn man unter diesem Wort nach dem damaligen<br />
Sprachgebrauch die Gegnerschaft verfrühter Reformen, insbesondere soweit sie der<br />
Initiation des Volkes entsprangen, verstehen will“. 576<br />
574<br />
575<br />
576<br />
vgl. Gölz, Wilhelmine: München 1926, S. 128 f<br />
vgl. 5.1.3.<br />
Pölnitz, Götz Frhr. von: München 1930, S. 54. Vgl. auch Zuber, Karl-Heinz: Der „Fürst-Proletarier“<br />
Ludwig Öttingen von Wallerstein (1791-1870). Phil.Diss., München 1978. S. 106-116