PDF-Dokument - Burschenschaftsgeschichte
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I. Teil Konfliktfeld: Staat – Gesellschaft – Landsmannschaften in Landshut von 1800 bis 1826 76<br />
Senat nicht ermittelt werden konnte, führte zu starken Verdachtsmomenten und der<br />
Relegation der vermeintlichen Anführer der beiden entdeckten Gesellschaften von<br />
Wachter und König. Hinweise auf eine sich konstituierende pfälzische Gesellschaft<br />
führten zu keinem nachhaltigen Ergebnis. Zum erstenmal tauchte im Senatsbericht das<br />
Bedauern über die Ungleichbehandlung an den bayerischen Universitäten hinsichtlich der<br />
Behandlung geheimer Gesellschaften auf, die es den Studierenden leicht machte bei<br />
Entdeckung in Landshut durch Überwechseln nach Erlangen das burschikose Leben ohne<br />
große Beeinträchtigung fortsetzen zu können. 215<br />
Dennoch war Rektor Walther nach erfolgten Relegationen (von Wachter und König) vom<br />
endgültigen Sieg über das landsmannschaftliche Unwesen überzeugt; ein Irrtum, wie sich<br />
sehr schnell zeigen sollte. 216 Die Rektorats- bzw. Senatsberichte des Jahres 1812<br />
spiegelten eher die behördliche Unentschlossenheit im Vorgehen gegen die Corps wider,<br />
ein Umstand, der noch durch die Ablösung des Polizeikommissars Gruber durch von<br />
Chrismar als Polizeikommissar eine Zuspitzung erfuhr. Bekannte Abstimmungs- und<br />
Kompetenzprobleme führten von seiten der Universität zum Vorwurf der Verschleppung<br />
und vorsätzlichen Begünstigung der Studentenverbindungen an die Adresse von<br />
Chrismars, ein Vorwurf, den er sich wegen angeblicher Duldung privater Fechtplätze<br />
(Franconia) einhandelte. Eine eigens eingesetzte Sonderkommission unter von Chrismar<br />
und des Professors von Hellersberg vermochte allerdings ebensowenig Licht ins Dunkle<br />
zu bringen. 217<br />
In einer summarischen Zusammenfassung des Erkenntnisstandes konnte der Senat vor<br />
der Tatsache, daß seit einem Jahr wieder geheime Gesellschaften mit zunehmender<br />
Intensität zu beobachten seien, nicht die Augen verschließen und erließ zur Steuerung<br />
des Übels verschärfte Bestimmungen, die auch das studentische Umfeld mit einbezog. So<br />
hatten Zimmerwirte bei Duldung von Zimmercommersen mit Bußgeld zu rechnen, wie<br />
auch Ärzte und Professoren der medizinischen Sektion der Universität in ihrer möglichen<br />
Eigenschaft als Paukärzte zu namentlicher Anzeige der Paukenden verpflichtet wurden.<br />
Die weiteren Bestimmungen werden in ihrer Bestätigung den Rahmen der ministeriellen<br />
Verfügungen von 28.2.1813 abgeben, denen zufolge die nachhaltige Untersuchungen der<br />
Jahre 1813 bis 1815 durchgeführt werden. Vor allem das Handgelübde zum<br />
Sommersemester 1813 (später abgeändert zu einem schriftlichen Revers), wonach der<br />
neu Immatrikulierte eidlich versicherte, keiner Verbindung anzugehören bzw. aus selbiger<br />
bei existierender Mitgliedschaft sofort auszutreten und auch in Zukunft keiner solchen<br />
verbotenen Verbindung beizutreten, wird anläßlich der Untersuchungen und<br />
215<br />
216<br />
217<br />
MInn 23714/I, Senatsbericht vom 28.7.1811<br />
MInn 23675/V, Rektoratsbericht vom 18.9.1811<br />
MInn 23714/II, vgl. die Rektoratsberichte vom 18.7.1812 und 19.9.1812