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PDF-Dokument - Burschenschaftsgeschichte

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I. Teil Konfliktfeld: Staat – Gesellschaft – Landsmannschaften in Landshut von 1800 bis 1826 35<br />

überhaupt durchgebildet war in Landshut. Ringseis bildet hier keine Ausnahme, sondern<br />

die Norm studentischen Verhaltensrepertoires politischen Großereignissen gegenüber.<br />

Einen losen, allerdings nicht immer ungefährlichen Kontakt zur oberpfälzischen<br />

Landsmannschaft Palatia unterhielt Ringseis anläßlich gelegentlicher Kommerse, wo er in<br />

seiner Eigenschaft als einer der alten Studentensemester den Vorsitz führte. Ein einziges<br />

Mal wohnte er – nach eigenen Aussagen – einem Duell als Sekundant bei, trotz<br />

regelmäßigen Fechtunterrichts aber duellierte er sich selbst nie. Zum drohenden Verlusts<br />

seines Stipendiums führte beinahe eine nächtliche Ruhestörung, in deren Gefolge er<br />

wegen „Absingens abergläubischer Lieder“ und des Verdachts der Bildung einer<br />

geheimen Verbindung – erkenntlich am Schnurr- und Knebelbart – zur Anzeige gebracht<br />

wurde und einer Vorladung beim Rektor Krüll Folge zu leisten hatte. Die Sache blieb aber<br />

folgenlos. 94<br />

4.4. Sieg der Romantik und ihre Folgewirkung<br />

Die Aufklärung hatte bereits in den Anfangsjahren der Universität Landshut als geistige<br />

Legitimationsbasis ausgedient. Ihr überspannter Rationalismus leistete bereits<br />

schädlichen Irrationalismen Vorschub. Zudem verfügte der vor allem durch Sailer<br />

erneuerte Katholizismus im Verein mit der aufkeimenden Romantik über die stärkere<br />

Verwurzelung im Volk, nicht zuletzt aufgrund ihrer Verbindung mit der Heidelberger<br />

Romantik.<br />

Schelling konnte zum Modephilosophen der Zeit avancieren, da die Menschen des kalten<br />

Rationalismus überdrüssig waren und Schelling die Einbeziehung des Außervernünftigen,<br />

Ästhetischen und Platonischen in sein Denken glaubwürdig verfechten konnte. Seine<br />

Auffassung von der Beseeltheit der Natur, der Identität von Geist und Natur sowie deren<br />

organisches Zusammenspiel wurde gerade von den Naturwissenschaften begierig<br />

aufgegriffen. Das Verlangen nach positivem Glauben und Denken erwies sich als die<br />

stärkere Triebfeder, und Schelling fungierte als Wegweiser in dieses „gelobte Land“ des<br />

Geistes, obschon der Versuch einer Überführung seiner Identitätsphilosophie in eine<br />

Religionsphilosophie zum Scheitern verurteilt war. Sailer konnte als der große<br />

Kristallisationspunkt gelten, dem es vergönnt war, durch das Charisma seiner<br />

Persönlichkeit der „Einheit von Glauben und Denken“ in seiner Eigenschaft als Seelsorger<br />

und Lehrer zur eigentlichen tiefen Dimension verholfen zu haben. 95<br />

Die Landshuter Romantik bereitete zudem mit die Renaissance des Geschichtlichen in<br />

bewußter Hinwendung zum Mittelalter vor, als Reflex gegen den ungeschichtlichen<br />

94<br />

95<br />

vgl.Ringseis, Johann Nepomuk: Regensburg, 1886. S.81-88<br />

vgl. Bosl, Karl: Regensburg, 1972, S.90-93

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