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PDF-Dokument - Burschenschaftsgeschichte

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II. Teil Konfliktfeld: Staat – Gesellschaft – Burschenschaft in München von 1826 bis 1833 161<br />

Wenn man die Geringfügigkeit der faktischen Ereignisse anläßlich der so bezeichneten<br />

Dezemberunruhen mit den in der Tat mächtigen mentalen Konsequenzen in<br />

Zusammenhang bringt, so wird man die in der Geschichtsschreibung gern als Bagatelle<br />

abgetanen Begebenheiten in ihrer Wirkkraft hinsichtlich der Verhärtung bis hin zur<br />

Unversöhnlichkeit der politischen Gegner zu Beginn der 30er Jahre nicht hoch genug<br />

veranschlagen können.<br />

Der äußere Rahmen ist schnell geschildert: In der Christnacht des Jahres 1830 wurden<br />

zwei Münchner Germanen 474 anläßlich eines spätnächtlichen „Ständchens“, das sie einem<br />

wieder genesenen Kommilitonen und Mitburschen darbrachten (vielleicht aber doch auch<br />

dem unweit in der Nachbarschaft wohnenden wenig geschätzten Rektor der Ludwig-<br />

Maximilians-Universität Allioli als unzeitgemäße Provokation), von zwei Gendarmen zum<br />

Abzug aufgefordert. Die daraus resultierende verbale und letztlich handgreifliche<br />

Auseinandersetzung endete im Tumult, in dessen Verlauf es zwar zur Freilassung der<br />

beiden inhaftierten Studenten kam, aber erst, als das zur Hilfe geeilte Militär durch brutale<br />

Attacken die in großer Zahl vor der Hauptwache versammelte Studentenschaft<br />

auseinandergejagt hatte. 475 In den folgenden Nächten wiederholten sich die<br />

Auseinandersetzungen zwischen den zur Verstärkung der Polizeiwache angeforderten<br />

Soldaten und Studenten, und es kam immer wieder zu rohen Übergriffen, willkürlichen<br />

Verhaftungen und gegenseitigen Schuldzuweisungen. Den kollektiven Charakter der vor<br />

allem studentischen Präsenz werden Polizei, König, Minister etc. eine organisierte, auf<br />

Absprache beruhende revolutionäre Dynamik unterstellen. 476<br />

Der akademische Senat, zur Krisenbewältigung aufgefordert, konnte dieser Aufgabe unter<br />

Allioli nicht nachkommen, ehe Thiersch und Schelling durch ihre Appelle an<br />

„Selbstdisziplin, edle Denkungsart, Innehalten, denn dies könne man von Studierenden<br />

erwarten“ 477 beruhigend auf die Studierenden einwirkten (29.1.1830). Die behördliche<br />

Reaktion zeigte sich wenig versöhnlich. Ludwig ließ die Schließung der Universität bis<br />

zum 1.3.1831 verfügen, um tags darauf diesen Beschluß wieder zurückzunehmen. Hatte<br />

474<br />

475<br />

476<br />

477<br />

Nicht ohne Erwähnung sollte bleiben, daß einer von ihnen der nachmals berühmt-berüchtigte Gustav<br />

Peter Körner, Mitglied des Exekutivausschusses des Vaterlandsvereins, und damals Student der<br />

Rechte an der Ludwig-Maximilians-Universität gewesen ist.<br />

vgl. Heinloth, Wilhelm: Die Münchner Dezemberunruhen 1830. München Phil.Diss.1930, S. 7-11<br />

Nicht nur den Behörden in jener Zeit wurde, sondern auch in der historischen Nachschau wird<br />

deutlich, mit welch erstaunlicher Geschlossenheit und Selbstbehauptungskraft die Burschenschaft<br />

Germania in jenen Tagen agierte, ein Umstand, der nicht wenig zum Vorwurf des gezielten<br />

politischen Komplotts beitrug. Wenn auch die behördliche Reaktion an der damaligen politischen<br />

Wirklichkeit vorbeizielte, so verwies das burschenschaftliche Selbstbewußtsein doch auf eine<br />

geänderte mentale Beziehung innerhalb der Burschenschaft dem Staate Ludwigs gegenüber.<br />

vgl. Heinloth, Wilhelm: Die Münchner Dezemberunruhen 1830. München Phil.Diss., 1930. S. 34-39

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