PDF-Dokument - Burschenschaftsgeschichte
PDF-Dokument - Burschenschaftsgeschichte
PDF-Dokument - Burschenschaftsgeschichte
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
II. Teil Konfliktfeld: Staat – Gesellschaft – Burschenschaft in München von 1826 bis 1833 185<br />
inneren Verein), verneinte aber sukzessive Guitienne. Für Schrader hätten auch<br />
Aufnahmeformeln und Lebensprinzip in schriftlicher Form vorgelegen. Es sei hier<br />
verwiesen auf die nach seinen Vernehmungen getätigten schriftlichen Darstellungen der<br />
Ereignisse. Darin hätten die Frankfurter Beschlüsse lediglich „den Charakter von<br />
Vorschlägen“ gehabt, und nur unter diesen Prämissen seien sie in München akzeptiert<br />
worden. Jedwede Aktivitäten hätten die Münchener Germanen demnach vom eigenen<br />
Ermessen abhängig gemacht. Auf dieser Basis seien als Essenz der innerparteilichen<br />
Diskussionen keine Münchener Vertreter nach Hambach entsandt worden bei aller<br />
liberalen Ausrichtung der Münchener Burschenschaft. Hätten die Frankfurter Beschlüsse<br />
ihre Bindekraft gehabt, wie sie Schrader unter anderem behauptete, hätten sich alle<br />
Diskussionen von selbst erübrigt. 547<br />
Wenn also Guitienne zu dem Schluß kam, daß sämtliche Frankfurter Beschlüsse (von<br />
denen er letztlich nur gehört hatte, in schriftlicher Form habe er diese nie zu Gesicht<br />
bekommen) als Vorschläge ohne Bindekraft (wozu der Frankfurter Burschentag das Recht<br />
gehabt hätte, wie Guitienne konzediert) gemacht wurden, so blieb der<br />
Untersuchungsausschuß bei seiner Version der kollektiven Verpflichtung für alle<br />
Burschenschaften und erteilte der revidierten Wahrheitsversion Guitiennes eine Absage.<br />
In der Literatur fanden die Frankfurter Beschlüsse und deren Interpretation durch den<br />
Untersuchungsausschuß naturgemäß ein geteiltes Echo. Während Wehner 548 sich in<br />
seiner Sicht der Dinge Heers Interpretation aneignet, kommt Pölnitz zu einer gänzlich<br />
anders gearteten Schlußfolgerung.<br />
Heers Position 549 und Herangehensweise zeigten sich bereits in seiner Analyse des<br />
Dresdner Burschentages und wiederholten sich nun bei Betrachtung der Frankfurter<br />
Ereignisse. Heer ist es um eine Schonung der Burschenschaftsseite zu tun und verrät<br />
eine sympathetische Hinneigung zum juvenilen Aktionismus, der wohl mehr behördliche<br />
Nachsicht und Verständnis verdient gehabt hätte. Den „Revolutionsvorwurf“ – also<br />
Akzeptanz und Bereitschaft zur Anwendung illegaler Methoden – weist er zurück und<br />
verfährt bei dieser Argumentation ähnlich „textgebunden“ wie im Falle der Dresdner<br />
Beschlüsse. Auf welch dünnem Eis er sich dabei bewegt, zeigt die Tatsache, daß er der<br />
mühelosen Hineininterpretierbarkeit von revolutionärem Aktionismus 550 mit der These<br />
547<br />
548<br />
549<br />
550<br />
vgl. Rep. 105.21. Vol. 1, S. 162 f. Die schriftliche Darstellung der Ereignisse durch Guitienne stehen<br />
mir allerdings lediglich in der durch den Untersuchungsausschuß wiedergegebenen Form zur<br />
Verfügung.<br />
vgl. Wehner, Philip, München 1917, S. 68/69<br />
vgl.QuD/IV,S.328f<br />
etwa in der Textzeile: „…selbsttätiges Eingreifen in die Verhältnisse des Vaterlandes, wo, wann, auf<br />
welche Weise die Möglichkeit des selbständigen Wirkens gegeben ist.“