PDF-Dokument - Burschenschaftsgeschichte
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II. Teil Konfliktfeld: Staat – Gesellschaft – Burschenschaft in München von 1826 bis 1833 158<br />
Staatswesen zu gestatten, und entzündet durch die russische Drohung, in einem<br />
möglichen Konflikt gegen das republikanische Frankreich auch polnische Truppen<br />
heranziehen zu wollen, rief im benachbarten Deutschland sofort eine große<br />
Sympathiewelle für das polnische Volk hervor. Lehnten sich doch die Polen gegen eine<br />
ungeliebte Obrigkeit auf, die man in Deutschland beharrlich ertrug. Damit konnten die<br />
Polen (und dies gerade im Blickwinkel der sich zusehends politisierenden<br />
Studentenschaft) zur zusätzlichen Stimulierung für die Verfassungs-, Einheits- und<br />
Freiheitsbewegung in Deutschland werden.<br />
Die erste Phase deutscher wie bayerischer Polenbegeisterung äußerte sich in<br />
philanthropisch-karitativer Unterstützung der Tausenden von polnischen Emigranten, die<br />
infolge der Niederschlagung des Aufstandes ihr Heil in der vornehmlich französischen<br />
Emigration suchten. Allenthalben entstanden Polenvereine, deren Aktionismus von den<br />
einzelstaatlichen Regierungen stillschweigend geduldet wurde. Diese regierungsoffiziöse<br />
Haltung erfuhr in dem Augenblick eine erste Eintrübung, als die bis dato rein<br />
sympathetischen Beifallskundgebungen eine politische Dimension erhielten.<br />
Sofort war man um behördliche Schadensbegrenzung bemüht, reagierte mit<br />
Vereinsverboten, schnellem Durchschleusen der Emigranten bei größtmöglicher<br />
Abschirmung von der deutschen Bevölkerung. In Bayern verstärkte man die<br />
fremdenpolizeilichen Maßnahmen durch steckbriefliche Suche verdächtiger polnischer<br />
Offiziere, durch Ausstellen von Durchreisepässen für den kürzesten Weg, durch<br />
Verweigerung von Reiserouten durch politisch neuralgische Gebiete (Pfalz) und<br />
ähnlichem mehr, um jedweder politischer Demagogie einen Riegel vorzuschieben.<br />
Zusammenfassend ließe sich bilanzieren, daß bis 1832 behördliche Duldung die<br />
Polendurchzüge und deren Echo in der deutschen Bevölkerung begleitete, ab 1833<br />
jedoch anstelle dieser Duldungsstrategie staatliche Repressivmaßnahmen einer<br />
möglichen revolutionären Dynamik vorbeugen sollten. 467<br />
4.1.1. Auswirkungen auf die Presse<br />
Auch Ludwig verzieh es der liberalen Presse nicht, seine Vision vom Staat als „einer<br />
großen Familie, derzufolge die Untertanen die gehorsamen Kinder eines wohlwollenden<br />
Vaters seien“ 468 als Illusion entlarvt zu haben und vollzog unter diesem Eindruck die<br />
konservative Wende.<br />
467<br />
468<br />
vgl. Mayring, Alexandra Eva: München 1990, S. 78-83<br />
Treml, Manfred: Berlin 1977, S. 131