PDF-Dokument - Burschenschaftsgeschichte
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I. Teil Konfliktfeld: Staat – Gesellschaft – Landsmannschaften in Landshut von 1800 bis 1826 63<br />
6.3. Konfliktpotentiale<br />
6.3.1. Corps vs. Militär/Stadtbürger<br />
Dem studentischen Entfaltungsdrang waren von Anfang an enge Grenzen gesetzt. Allein<br />
die akademischen Gesetze, in ihrer Kodifikation erstmals am 26.1.1804 erschienen,<br />
bargen aufgrund kleinlicher Bestimmungen den Zündstoff für viele Konflikte. Hinsichtlich<br />
des Umgangs mit dem Militär wurde den Studierenden nicht nur ein vorbildliches<br />
Betragen angeraten, sondern auch verfügt, den Befehlen militärischer Patrouillen ohne<br />
Widerstand Folge zu leisten, etwa im Falle von Arretierungen, bis ein durch das Rektorat<br />
erfolgter Schiedsspruch dieses Gewahrsam beendete. 173<br />
Überhaupt sollte sich die praktische Durchsetzung polizeilicher Disziplin in der Folgezeit<br />
als schwierig erweisen und zu häufigen Kompetenzstreitigkeiten innerhalb der dafür<br />
zuständigen Gremien führen. Dem Universitätssenat oblag zwar die Gerichtsbarkeit über<br />
die Studierenden in Zivil- wie Polizeiangelegenheiten – mit Ausnahme der peinlichen<br />
Delikte – bei der Beobachtung und Durchsetzung der öffentlichen Ordnung war aber der<br />
Universitätssenat aufgrund fehlender eigener Polizeikräfte auf die Hilfe des<br />
Militärkommandos und des städtischen Polizeikommissars angewiesen. Auch die<br />
städtischen Polizeiwachen konnten studentische Ruhestörer in vorübergehenden Arrest<br />
nehmen. Dem Polizeikommissar war im Falle studentischer Regelübertretung zur<br />
Konfliktlösung ein Mitglied des Senats immer beigeordnet, sowie im revidierten Statut vom<br />
8.5.1807 der Polizeikommissar Mitglied des akademischen Senats mit Stimm- und<br />
Vortragsrecht wurde. Ohnedies sah das revidierte Statut des Jahres 1807 eine Stärkung<br />
der lokalen Polizeibefugnisse vor.<br />
Außerhalb der Universität waren die Akademiker hinsichtlich der Behandlung durch die<br />
Polizei den übrigen Bürgern gleichgestellt. Eine starke Einschränkung erfuhr auch die<br />
akademische Gerichtsbarkeit. Polizeiliche Ermittlungen wurden ausschließlich durch die<br />
Polizei vorgenommen, allerdings war sie zur Berichterstattung an den Senat verpflichtet.<br />
Nach einer erneuten Revision der Statuten im Mai 1814 war zwar der Polizeikommissar<br />
kein Mitglied des Senats mehr, seine Stellung erfuhr aber insofern eine Aufwertung, als<br />
bei Entscheidungen über Strafmaßnahmen gegenüber Studenten seine Einzelstimme die<br />
der neun Senatoren egalisieren konnte und letztlich der Fall dem Innenministerium als<br />
letzter Instanz überstellt werden mußte.<br />
Vertrauensverlust der Studierenden in die universitären Behörden wertete den<br />
Burschenkomment als geeignetes Mittel zur Aufrechterhaltung der Ordnung in ihren<br />
Augen dementsprechend auf. Im Jahre 1818 erfolgte auf Betreiben des Senats eine<br />
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MInn 23675 I