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PDF-Dokument - Burschenschaftsgeschichte

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I. Teil Konfliktfeld: Staat – Gesellschaft – Landsmannschaften in Landshut von 1800 bis 1826 34<br />

zählte aber nach den Selbstzeugnissen Clemens Brentanos zu den wenigen positiven<br />

Höhepunkten während seines Aufenthaltes in Landshut. 88 Ein dem Atmosphärischen der<br />

Stadt zugeneigteres sowie den von ihr portraitierten Personen ein von mehr Sympathie<br />

geprägtes Bild zeichnete hingegen Bettina in ihrem Briefwechsel vornehmlich mit<br />

Goethe. 89<br />

Die Landshuter Jugendbewegung, von Salat in bewußter Abschätzigkeit als Juvenismus<br />

bezeichnet, umfaßte eine Gruppe von Jugendlichen, die in unbewußt elitärer Abrenzung<br />

von der Großgruppe der Studierenden und vor allem in bewußtem Gegensatz zu dem von<br />

ihr als roh und lärmend empfundenen Landsmannschaften, als Keimzelle und Trägerin<br />

des jugendlich emanzipatorischen Romantizismus gelten konnte. Anfänglich im Zeichen<br />

einer modisch-aufklärerischen Attitüde stehend, distanzierte sich die Gruppe unter dem<br />

Einfluß Sailers, allen voran der Medizinstudent Johann Nepomuk Ringseis, sehr bald von<br />

einer „Philosophie ohne Glauben“ und favorisierte ein Erkenntnisbild, welches von<br />

„historischem Sinn und tiefem poetischen Gefühl für die Erhabenheit der Kirche geprägt<br />

wurde“. 90 Ihrem romantischen Überschwang, nicht frei von schwärmerischer Pose, verlieh<br />

die „kleine, aber begabte und edel gesinnte Gruppe“ 91 in Gedichten einen, wenn auch<br />

nicht künstlerisch bleibenden, so doch gültigen Ausdruck.<br />

Zu ihren schöpferischsten Mitgliedern zählten der Medizinstudent Joseph Löw und der<br />

Jurist Karl Rottmanner. 92 Die im Grunde apolitische Gruppierung beschränkte sich in ihren<br />

politischen Verlautbarungen auf einen milden bayerischen Patriotismus, der sich in erster<br />

Linie gegen die norddeutsche Überfremdung mit seiner Tendenz der Dekatholisierung<br />

Bayerns hervortretend in einem von jugendlichem Überschwang diktierten Gedicht<br />

Ringseis' wandte. 93 Abgedruckt wurde das Gedicht „Die Herausforderung“ als eines von<br />

neun Gedichten, welches der Landshuter Freundeskreis im Jahre 1808 an Achim von<br />

Arnim nach Heidelberg gesandt hatte, in dessen Zeitung für Einsiedler. Anläßlich der<br />

Kriegswirren 1809 vertrat die Gruppe einen der Regierungspolitik entgegengesetzten<br />

scharfzüngigen Antinapoleonismus, um sich jedoch anläßlich der Tiroler Aufstände im<br />

gleichen Jahr in Waffenübungen gegen eine mögliche Tiroler Insurrektion als verläßliche<br />

bayerische Patrioten zu erweisen.<br />

Das hier zum Ausdruck kommende Verhaltensmuster angesichts der politischen<br />

Tagesaktualität zeigt hinlänglich, in welch geringem Maße profunde politische Gesinnung<br />

88<br />

89<br />

90<br />

91<br />

92<br />

93<br />

vgl. Diehl Johann Baptist: Clemens Brentano. Ein Lebensbild. S.266f. Freiburg 1877<br />

Hornung, Alois: Das Bild einer Stadt in Auszügen aus dem Schrifttum Goethes, Bettinens und der<br />

Romantik. S.27-46. München 1949<br />

Funk, Philipp: München 1925, S.113-120<br />

Moisy, Sigrid von: Regensburg 1984. S.156<br />

vgl. Moisy, Sigrid v. : Regensburg 1984. S.157-162<br />

Ringseis, Johann Nepomuk: Erinnerungen. Erster Band. S.88f. Regensburg 1886

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