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Regionale Schulgeschichte - oops - Carl von Ossietzky Universität ...

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suchen, via Bromberg, Rathenau und Hannover, nach Enschede zu<br />

kommen. Am Bahnhof in Danzig standen Hunderte deutscher Frauen<br />

und Kinder, Flüchtlinge. Sie warteten, genau wie ich, auf einen Zug,<br />

um so weiterreisen zu können. Ab und zu fuhren tatsächlich Züge herein,<br />

die <strong>von</strong> einer Lokomotive gezogen wurden. Es wurde mit Briketts<br />

geheizt, es wurde einfach kein Tempo gemacht. Wir haben dann auch<br />

mehr als vierundzwanzig Stunden für eine Entfernung <strong>von</strong> etwa dreihundert<br />

Kilometer gebraucht.<br />

Unterwegs nach Berlin habe ich Dinge gesehen, die bewirkten, dass<br />

ich die Polen jetzt noch hasse. Wenn der Zug in einen kleinen Bahnhof<br />

einfuhr, dann sprangen polnische Burschen <strong>von</strong> etwa 16, 17 Jahren,<br />

also in meinem Alter, auf den Zug. Sie holten die Mädchen <strong>von</strong><br />

ihrer Mutter weg und vergewaltigten die Mädchen dann im Balkon<br />

des Zuges. Die Russen schossen danach die Polen vom Balkon runter.<br />

Aber bei jedem nächsten Halt wiederholte sich dieses Drama. Als ich<br />

endlich in Berlin ankam, hatte ich eigentlich gar keine Lust mehr,<br />

nach Hause zu gehen. Ich musste mich dort nämlich bei englischen<br />

oder amerikanischen Soldaten melden. Ich konnte wählen, in welches<br />

Land ich gehen wollte, das wurde dann in mein ‚Entlassungsschreiben‘<br />

reingeschrieben.<br />

Ich beschloss, dass ich nach Österreich wollte. Denn ich hatte schon<br />

kapiert, dass einer wie ich in den Niederlanden nicht mit offenen Armen<br />

empfangen werden würde. Zudem musste man dann laufen, es<br />

gab keine Transporte in die Niederlande. Also ließ ich mich nach Österreich<br />

entlassen. Aber dann habe ich mir auf einmal überlegt, dass<br />

die russisch-amerikanische Besatzungszone an der Donau entlang lief.<br />

Und das würde bedeuten, dass ich dann wieder bei den Russen landen<br />

würde. Als ich daran dachte, habe ich mich dann doch lieber in die<br />

Niederlande entlassen lassen. Ich wurde anschließend in ein niederländisches<br />

Lager gebracht, in dem auch Belgier waren. Einer der niederländischen<br />

Offiziere behandelte mich, als ob ich sozusagen nicht<br />

weniger als sechsunddreißig Morde auf dem Gewissen hatte. Ich war<br />

aber noch ein Kind. Ich hatte doch keine Todsünde begangen? Ich<br />

hatte damals in Groningen einfach nichts zu essen gehabt.<br />

Vom Lager aus wurde ich in Minden bei Hannover eingebuchtet. Es<br />

war ein deutsches Gefängnis, aber mit englischer Bewachung. Von<br />

dort schickten sie mich zu einem sogenannten Demobilisationslager<br />

an der niederländischen Grenze. Aber ich hatte mir noch immer in den<br />

Kopf gesetzt, dass ich doch eigentlich lieber nicht in die Niederlande<br />

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