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Regionale Schulgeschichte - oops - Carl von Ossietzky Universität ...

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es waren vielleicht zehn Stück oder mehr. Ich wusste jedoch nicht,<br />

wie ich sie transportieren sollte. Dann bin ich zu einem der Männer<br />

gegangen, zu dem ich Vertrauen hatte, weil er mich immer verteidigte.<br />

Er hatte ein großes Taschentuch und legte da die Eier rein. Abends, als<br />

wir ins Lager kamen, wurden wir jedoch immer durchsucht. Bei mir<br />

haben sie aber nie nachgeschaut, sie haben die Eier dann auch nicht<br />

gefunden. Wir haben die Eier verteilt. Ich bekam drei Stück, ein Ei für<br />

meine Mutter, eins für meine Schwester und eins für mich selbst.<br />

Ich blieb jedoch schwach und es kam noch immer kein Arzt. Die anderen<br />

Männer legten tagsüber manchmal ihre Jacken über mich, weil<br />

mir so schrecklich kalt war. Ich frage mich manchmal noch, wie ich<br />

das überhaupt überlebt habe. An einem Abend, als wir vom Feld zum<br />

Lager zurückliefen, bat mich einer der Bewacher, der auch Koch im<br />

Lager war, seine Tasche zu tragen. Das wollte ich nicht, denn ich hatte<br />

mit mir selbst genug zu tun. Dann fragte er einen anderen, der stimmte<br />

zu; er traute sich vielleicht auch nicht, sich zu weigern. Dieser Bewacher<br />

sagte dann zu diesem Mann, dass er aufessen dürfe, was in der<br />

Tasche sei. Ich fand das so hundsgemein, er hätte mir doch auch<br />

gleich sagen können, dass in der Tasche Butterbrote waren. Außerdem<br />

hätte er mich im Lager zurücklassen müssen, denn ich war wirklich<br />

sterbenskrank.<br />

Nach vier Wochen im Lager durften meine Mutter und ich nach<br />

Hause. Meine Schwester war schon eine Woche zuvor nach Hause<br />

entlassen worden. Dort war der gesamte Hausrat verschwunden. Wir<br />

haben später mal einige unserer Sachen bei Nachbarn wiedergesehen,<br />

aber wir haben stillgehalten und keinen Anspruch erhoben. Ich habe<br />

die Lagerzeit, und was dem voranging, nie gut verarbeiten können.<br />

Vor allem nicht, dass dieser Motorradfahrer meine Mutter vor sich her<br />

zum Lager fahren ließ. Ich war damals noch zu jung und zudem auch<br />

noch krank. Aber wenn dieser Mann noch leben würde, würde ich ihm<br />

auf den Kopf zu sagen, wie ich über ihn denke. Nein, ich würde ihn<br />

nicht anfassen, zumindest dann nicht, wenn er auch mich nicht anfassen<br />

würde. Im Allgemeinen sollen mich Menschen nie mehr bevormunden.<br />

Ob es jetzt um Politik geht oder um etwas anderes, niemand<br />

soll mir jemals noch einen Vortrag halten. Das kann ich nie mehr ertragen.“<br />

Antje Boer ist 1927 in einem Dorf in Westerwolde in der Provinz Groningen<br />

geboren. Ihr Vater war bei der NSB und auch bei der SS. Sie erinnert sich<br />

noch daran, dass es schon vor dem Krieg ein Arbeitsbeschaffungslager* in<br />

Sellingerbeetse gab.<br />

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