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Regionale Schulgeschichte - oops - Carl von Ossietzky Universität ...

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Irgendwann haben wir es hinbekommen, dass öfter Besuch kommen<br />

durfte. Auch fingen wir an zu schmuggeln und versuchten, die Besuche<br />

so viel wie möglich in die Länge zu ziehen. Der Krankenbruder<br />

versteckte Zigaretten in seinem Korb mit Arzneimitteln und Verbandsachen<br />

und verteilte so die Zigaretten, die <strong>von</strong> unseren Familien mitgebracht<br />

worden waren. Später verteilte er so auch Dinge, die andere<br />

Frauen für ihre Männer abgegeben hatten. Nachts trank man im Krankenhaus<br />

gelegentlich einen Schnaps, verdünnten Alkohol aus der<br />

Apotheke. Es gab nämlich auch Verwandte, die in der Apotheke arbeiteten.<br />

Am 14. Dezember 1945 mussten wir uns draußen hinstellen, mit unserer<br />

Matratze gegen den Zaun. Wir mussten dort <strong>von</strong> morgens früh bis<br />

abends spät stehen. Es war doch schon ein denkwürdiger Tag für uns,<br />

denn am 14. Dezember 1931 hatte Mussert die Bewegung gegründet.<br />

Es war draußen eiskalt. Später stellte sich heraus, dass man Waffen<br />

gesucht hatte. Wir hatten zwar keine Waffen, aber wir hatten provisorische<br />

Messer hergestellt, und die wurden dabei gefunden. In der Zeitung<br />

war später <strong>von</strong> ‚angetroffenen Waffen‘ die Rede. Einige unserer<br />

Leute wurden geschlagen und niedergeknüppelt. Sie wollten, zumindest<br />

das sagten sie, auch Menschen erschießen, aber das ist nicht passiert.<br />

Es geschah schon öfter etwas. Es wurden einmal Steinkohle auf einem<br />

Laster ins Lager gebracht. Fünf Menschen kamen dann auf die Idee,<br />

den Laster zu kapern und auf diese Weise zu fliehen. Das haben sie<br />

auch getan und sind mit dem Laster quer durch den Schlagbaum gefahren.<br />

Aber sie hatten Pech, der Radiator war bei dieser Aktion<br />

draufgegangen und hatte ein Leck. Sie haben den Wagen deshalb stehen<br />

lassen und sind in die Wälder gerannt. Von den fünf Flüchtlingen<br />

sind dann drei erschossen worden, die beiden anderen sind wieder<br />

festgenommen worden.<br />

Weiter waren die Menschen im Lager nur mit einer Sache beschäftigt,<br />

und das war mit Essen. Man wurde völlig verrückt. Den ganzen langen<br />

Tag wurde über Essen geredet. Es wurden Sachen gegen ein bisschen<br />

Essen getauscht. Ich selbst habe <strong>von</strong> jemandem, der bei der Zeitung<br />

Volk en Vaderland* gearbeitet hatte, ein Porträt gekauft, das er<br />

<strong>von</strong> mir gemacht hatte, gegen zwei Schnitten Brot. Aus Aluminium<br />

<strong>von</strong> Flugzeugen wurden Armbänder gemacht. Ich ließ für meine<br />

Töchter und meine Frau so ein Armband anfertigen. Das Armband<br />

meiner Frau besitze ich noch, darauf steht ‚05-081945‘ mit dem Bild<br />

des Stacheldrahts im Vordergrund und einer Sonne im Hintergrund.<br />

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