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Regionale Schulgeschichte - oops - Carl von Ossietzky Universität ...

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trolle halten. Indem ich mein ganzes Leben auf Eiern gelaufen bin, ist<br />

es mit mir so weit gekommen, dass ich Menschen fast nicht mehr um<br />

mich herum ertragen kann. Das ist viel zu heftig. Ich kann mich dann<br />

nicht einfach entspannt zurücklehnen. Ich bin zurzeit die ganzen Tage<br />

in meiner Familie. Da ist es am sichersten. Aber ich fange allmählich<br />

an, jetzt doch zu lernen, ich selbst zu sein.<br />

Aber zuerst saß ich bei dieser Psychiaterin und erfror sozusagen. Ich<br />

fragte mich, warum ich dieser netten Frau jetzt nicht einfach meine<br />

Geschichte erzählen konnte. Ich hatte Angst, bei ihr durchzufallen und<br />

damit sozusagen vernichtet zu sein. Ich hatte Angst, dass ich die<br />

Emotionen nicht mehr beherrschen könnte und anfangen würde zu<br />

weinen. Ja, stärker noch, ich hatte so viel Angst vor den Emotionen,<br />

dass ich dachte: wenn ich die zulasse, könnte ich den Verstand verlieren.<br />

Es ist nicht nur so, dass man sich nicht sicher fühlt, es geht schon<br />

bis in die tiefsten Schichten deines Wesens. Aber irgendwann kommt<br />

es dann doch, es zerbricht etwas in dir. Dann gibt es kein Halten mehr,<br />

dann muss man einfach loslassen. Ich habe es überlebt, aber das Loslassen<br />

ist wirklich unheimlich. Vor fünfundzwanzig Jahren gab es<br />

Momente, in denen ich ganz ernsthaft darüber nachgedacht habe, mit<br />

meinen Eltern zu brechen. Zurzeit habe ich mit meinem Vater gebrochen.<br />

Meine Mutter wohnt neben mir, also das liegt etwas komplizierter,<br />

aber mein Mann hat zu ihr gesagt, dass er nicht will, dass sie zu uns<br />

nach Hause kommt. Ich habe aber noch Kontakt zu ihr.<br />

Weil ich eigentlich so <strong>von</strong> meinen Eltern zerstört worden bin, habe ich<br />

so etwas wie: ‚Bei mir wird es aufhören, ich werde eine liebe Mutter<br />

für meine Kinder sein.‘ Und das muss man auch lernen, weil man das<br />

<strong>von</strong> Haus aus nicht mitbekommen hat. Als ich mein erstes Kind bekam,<br />

musste mein Muttergefühl im ersten Halbjahr wirklich wachsen.<br />

Ich habe am Anfang ganz oft denken müssen: ‚Wie funktioniert das<br />

jetzt?‘ Ich merkte, dass ich ganz oft zu mir sagen musste: ‚Bertie,<br />

nimm das Kind jetzt mal auf den Schoss!‘ oder: ‚Bertie, sage jetzt<br />

doch mal etwas Nettes.‘ Leider gibt es auch Dinge, die <strong>von</strong> Generation<br />

zu Generation weitergegeben werden. Aber jetzt kann ich mich<br />

damit abfinden. Meine Kinder sind auch ziemlich empfindlich, ich<br />

brauche sie nur mal ganz kurz böse anzusehen, und sie haben schon<br />

das Gefühl, dass ich sie nicht mehr liebe. Aber wenn sie mit Liebe<br />

umgeben werden, wird das schon alles wieder gut werden.“<br />

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