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Regionale Schulgeschichte - oops - Carl von Ossietzky Universität ...

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Die wirtschaftlichen Umstände waren schlecht, auch in der Gegend<br />

der Provinz Overijssel, dem Achterhoek, wo wir damals wohnten.<br />

Mein Vater hat in dieser Zeit viele Geschäfte mit Deutschen gemacht.<br />

Er sah, dass es in Deutschland unter der Regierung <strong>von</strong> Hitler viel<br />

besser um die Wirtschaft stand. Und trotz der Tatsache, dass er anfangs<br />

Mitglied einer christlichen Partei war, ist er irgendwann Mitglied<br />

der NSB geworden. Im Krieg hat er sogar die Rolle einer Art<br />

Gruppenführer der Bewegung auf sich genommen. Aber er hat zu<br />

einem bestimmten Moment auch ganz furchtbar auf die Deutschen geschimpft,<br />

weil er ihnen Holz aus seinem Vorrat abgeben musste.<br />

Als es dann offensichtlich war, dass die Juden dran glauben mussten,<br />

hat mein Vater daran gedacht, aus der Bewegung auszutreten. Aber als<br />

Mussert das hörte, kam er zu uns zu Besuch. Er kam öfter, aber bei<br />

dieser Gelegenheit hat er Vater überzeugt, in der NSB zu bleiben.<br />

Mussert würde Vater wirklich brauchen. Er sollte ihm sozusagen dabei<br />

zu helfen, die rohen Elemente der NSB zu zivilisieren. Das war, so<br />

Mussert, erforderlich für später, wenn die Deutschen die Niederlande<br />

einmal verlassen hätten und er und seine Bewegung über die Niederlande<br />

regieren würden. Nach dem Einmarsch der Deutschen waren<br />

nämlich viele sozial schwache Menschen Mitglied der NSB geworden.<br />

Das waren in den meisten Fällen Leute, die nicht aus Überzeugung<br />

Mitglied geworden waren, sondern <strong>von</strong> der Situation profitieren<br />

wollten. Kein Wunder, dass Mussert gerne wollte, dass ein Mann wie<br />

mein Vater in der Bewegung blieb.<br />

Nicht nur Vater, sondern auch unsere gesamte Familie hat wegen der<br />

Mitgliedschaft in der NSB sehr viel hinnehmen müssen. Vor allem hat<br />

Vater das in seinem Geschäft deutlich zu spüren bekommen. Niederländer<br />

haben ihn ziemlich geschnitten. Und obwohl viele Leute ihn<br />

nicht ablehnten, wurde das soziale Leben doch etwas eingeschränkter.<br />

Vater wurde auch aus den kirchlichen Ausschüssen ausgeschlossen.<br />

Aber noch viel schlimmer war, dass auch das Verhältnis zu den Verwandten<br />

schlechter wurde.<br />

Ich weiß eigentlich nicht, ob meine Mutter auch Mitglied der NSB<br />

gewesen ist. Ich weiß wohl, dass meine beide Schwestern Mitglied<br />

waren. Sie standen damals hinter der Politik der NSB. Aber mein<br />

Bruder ist nur Mitglied der NSB geworden, weil meine Eltern ihn<br />

dazu drängten. Später ist er wieder ausgestiegen und ist dann in den<br />

Widerstand gegangen. Aber das hat ihn und einen Freund, der auch<br />

aus der Bewegung ausgetreten war, das Leben gekostet. Sie sind in<br />

der Nähe <strong>von</strong> Alblasserdam <strong>von</strong> Widerstandskämpfern ermordet wor-

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