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Regionale Schulgeschichte - oops - Carl von Ossietzky Universität ...

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gewesen war. Das war natürlich Unsinn, als Erwachsener braucht man<br />

nicht über seine Eltern zu reden. Aber das steckte so tief in mir drin.<br />

Der Moment, mein Geheimnis zu offenbaren, kam 1991 während<br />

eines Kongresses über die niederländische Identität innerhalb des geeinten<br />

Europas, organisiert <strong>von</strong> der <strong>Universität</strong> Amsterdam, meiner<br />

<strong>Universität</strong>.<br />

Ich musste dort einen Vortrag über das typisch Holländische der holländischen<br />

Malerei halten. Aber sie waren sich, als sie mich eingeladen<br />

haben, nicht darüber im Klaren, dass ich zwei Identitäten habe,<br />

eine holländische und ein deutsche, und dass der Begriff ‚niederländische<br />

Identität‘ für mich sehr beladen war. Also habe ich mich in letzter<br />

Minute entschlossen, meinen Vortrag auf dem Kongress damit anzufangen.<br />

Da konnte ich nicht anders, als vor diesem Saal voller Menschen<br />

zu erzählen, dass mein Vater NSBer gewesen war und dass<br />

meine Mutter eine Deutsche war. Die Weise, in der ich dann <strong>von</strong> den<br />

Kongressteilnehmern, darunter Maarten Brands vom Deutschlandinstitut,<br />

Hans Blom vom NIOD, dem niederländischen Institut für<br />

Kriegsdokumentation, und Herman Beliën, Historiker an der <strong>Universität</strong><br />

<strong>von</strong> Amsterdam, aufgefangen wurde, hat mich sehr beeindruckt. 11<br />

Danach, 1993, wurde ich im Fernsehprogramm ‚Zomergasten‘, Sommergäste,<br />

befragt. Das sind solche langen Interviews, die damals noch<br />

viereinhalb Stunden dauerten. Ich durfte das Bildmaterial auswählen,<br />

das ich während des Gesprächs zeigen wollte. Für einen Teil dieses<br />

Gesprächs hatte ich eine Wahl aus Bildmaterial über den Zweiten<br />

Weltkrieg getroffen. Die Fragmente handelten immer <strong>von</strong> Dingen, die<br />

auf mich als Kind in und kurz nach dem Krieg großen Eindruck gemacht<br />

hatten. Das Programm ist ein Wendepunkt in meinem Leben<br />

gewesen. Es war eine ‚live‘-Sendung und als ich dann nach Programmende<br />

mitten in der Nacht durch die stillen Straßen nach Hause<br />

lief, dachte ich: ‚Mein Leben ist kaputt, jetzt kennt jeder mein Geheimnis.<br />

Ich werde für den Rest meines Lebens stigmatisiert sein.‘<br />

Aber es kam alles ganz anders. Ich wurde noch lange danach auf der<br />

Straße darauf angesprochen. Vor allem meine Schicksalsgenossen<br />

fanden es eine Ermutigung, dass man sich auch zeigen konnte, statt<br />

weiterhin zu schweigen. Erst allmählich ist mir klar geworden, dass<br />

mir natürlich nichts passieren konnte. Ich konnte nicht entlassen wer-<br />

11 Grenzen, en het Hollandse van de Hollandse schilderkunst. In: De Onmacht van het grote:<br />

cultuur in Europa (eds. J.C.H. Blom, J.Th Leerssen, P. de Rooy). Amsterdam 1993, S. 54-<br />

63.

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