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Regionale Schulgeschichte - oops - Carl von Ossietzky Universität ...

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Die Vergangenheit hat einen sehr großen Einfluss auf mein Leben gehabt.<br />

Meine Eltern sind beide durch ihre NSB-Vergangenheit sehr beschädigt<br />

worden. Sie hatten nie Freunde und Freundinnen, bis auf<br />

diejenigen, deren Eltern auch einen NSB-Hintergrund hatten. So haben<br />

sie sich auch kennengelernt. Sie waren sozusagen zueinander verurteilt.<br />

Sie haben das Glück beieinander gesucht, aber eigentlich nie<br />

gefunden. Dazu waren sie zu sehr kaputt. Sie haben geheiratet, bekamen<br />

Kinder, aber sie haben meinen Schwestern und mir eigentlich<br />

niemals Liebe schenken können. Es wurde <strong>von</strong> uns Kindern jedoch<br />

ganz viel erwartet. Wir mussten außerdem unsere Eltern schonen,<br />

durften nicht lästig sein, nicht aufmüpfig sein, nicht traurig sein und<br />

so weiter. Eigentlich mussten wir mehr oder weniger unsichtbar sein.<br />

Das Leiden meiner Eltern war so groß und so übermächtig, dass man<br />

als Kind sozusagen die Botschaft bekam: ‚Du musst mich glücklich<br />

machen, du musst mich schonen.‘ Meine Eltern waren zudem sehr aggressiv.<br />

Sie waren physisch ganz gewalttätig, muss ich sagen. Sie waren<br />

bestimmt nicht glücklich und das machte es für sie so schwierig.<br />

Für mich war es, denke ich, noch schwieriger als für meine beiden<br />

Schwestern. Meine Eltern hatten beide ihren eigenen Liebling und ich<br />

war für beide keiner. Die älteste Schwester war der Liebling meines<br />

Vaters und die jüngste Schwester war der Liebling meiner Mutter. Es<br />

ist mir dann auch geradeheraus <strong>von</strong> meinen Eltern gesagt worden,<br />

dass sie mich nicht mochten.<br />

Dazu kommt, dass ich zu Hause auch diejenige war, die am meisten<br />

verletzlich war, und ich denke, dass ich mir aus der Vergangenheit<br />

auch mehr gemacht habe als meine Schwestern.<br />

Jemand sagte einst zu mir: ‚Du bist gewissermaßen das Gewissen der<br />

Familie geworden.‘ Und das stimmt. Ich habe es mir immer sehr zu<br />

Herzen genommen, was mit meinen Eltern passiert ist. Ich habe zum<br />

Beispiel immer Albträume darüber gehabt, was meiner Mutter geschehen<br />

ist. Ich habe, denke ich, die Albträume meiner Mutter gehabt.<br />

Ich weiß, dass ich mehr als meine Schwestern versucht habe, meine<br />

Eltern glücklich zu machen.<br />

Bei uns zu Hause gab es immer eine ständige Bedrohung. Weil es<br />

immer sehr viel Trauer gab und viel Gewalt, war ich immer auf der<br />

Hut, war ich immer wachsam. Ich musste <strong>von</strong> mir selbst aus immer<br />

lieb sein, um meine Eltern froh und glücklich zu machen – etwas, was<br />

mir nie gelungen ist. Ich bekam nie Zärtlichkeit oder Liebe dafür zurück.<br />

Und zudem gab es immer diese Bedrohung, dass die Dinge<br />

gleich wieder explodieren könnten, dass jeden Augenblick ein Wut-<br />

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