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Regionale Schulgeschichte - oops - Carl von Ossietzky Universität ...

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Flüssigkeit und meine Schwester hatte die Flasche unter der Bank auf<br />

den Boden gestellt. Dann hat ein Junge hinter ihr die Flasche<br />

umgetreten. Der Lehrer sagte: ‚Das macht nichts, dein Vater wird sowieso<br />

sterben.‘ Das war bestimmt nicht gerade pädagogisch.<br />

Den Rest des Jahres arbeitete ich bei meinem Bruder auf dem Bauernhof,<br />

um im Winter zur Landwirtschaftsschule gehen zu können. Eines<br />

Tages wurde ich zum Direktor der Winterschule gerufen. Irgendwer,<br />

ich weiß immer noch nicht wer, hatte 350 Gulden für meine Ausbildung<br />

bezahlt. Ich bin immer noch emotional berührt, wenn ich daran<br />

denke. Offensichtlich gab es doch noch jemanden, der fand, dass auch<br />

ein Junge aus einer Familie wie unserer, Anspruch auf eine gute Ausbildung<br />

hat.<br />

Nach meiner Militärzeit bekam ich einen Job im Presseamt des Ministeriums<br />

für Landwirtschaft. Als ein Kollege entlassen wurde, weil<br />

er beim Jeugdstorm* gewesen war, habe ich eine andere Stelle gesucht.<br />

Ich habe verschiedene Jobs gehabt. Ich habe sogar ein halbes<br />

Jahr in Südafrika, in Kapstadt, gearbeitet. Letztendlich bekam ich Arbeit<br />

bei einer Krankenkasse. Dort habe ich mich <strong>von</strong> einer Person<br />

wegmobben lassen. Diese Person kannte die Vergangenheit meiner<br />

Familie. Die Kollegen sind nicht gerade für mich eingetreten. Ich bin<br />

schließlich versetzt worden, und als ich gerade fünfzig Jahr alt war,<br />

bin ich arbeitsunfähig in die WAO* gekommen.“<br />

Viele Kinder wurden durch die Haltung der Gesellschaft und die manchmal<br />

stillschweigende Duldung der Beschuldigungen verwirrt. Die Schule ist neben<br />

der Familie die wichtigste soziale Umgebung für Kinder. Vielen Kindern<br />

<strong>von</strong> fouten Eltern ist es gelungen, ihre Vergangenheit geheim zu halten. Es<br />

wird die Aufgeschlossenheit nicht gerade gefördert haben. Aber es gab auch<br />

Kinder aus anderen schwierigen Lebensverhältnissen.<br />

Anna Schier wohnt in der Provinz Gelderland. Sie erzählt, dass in ihrem<br />

Wohnort nicht bekannt ist, dass ihr Vater bei der NSB war.<br />

Anna Schier:<br />

„Ich erinnere mich an einen der ersten Tage in unserem heutigen<br />

Wohnort. Man wollte mich in einer Apotheke in den Kundenbestand<br />

im PC aufnehmen. Ich wollte das nicht. Als mein Mann später bei der<br />

Apotheke etwas kaufte, sagten sie dort: ‚Sie sind noch nicht im Computer<br />

registriert, darf ich Ihre Daten aufnehmen?‘ Mein Mann hat das<br />

dann erlaubt und darüber war ich im Nachhinein sehr böse. Als ich<br />

das einem meiner Kollegen erzählte, sagte der zu mir: ‚Warum findest<br />

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