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Regionale Schulgeschichte - oops - Carl von Ossietzky Universität ...

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Ein halbes Jahr später, noch vor der Befreiung, sind wir wieder in die<br />

Niederlande zurückgekehrt. Ich weiß nicht mehr wie, aber ich denke,<br />

dass wir mit einem Bus gefahren sind. Wir kamen damals nach<br />

Drenthe, nach Odoornerveen bei Eltje Loman.<br />

Ich bin dorthin noch einmal zurückgekehrt, aber ich konnte den Bauernhof<br />

dann nicht wiederfinden. Eltje Loman und seine Frau waren<br />

ganz tolle Leute. Sie waren nicht bei der NSB, aber doch nahmen sie<br />

uns auf. Wir vier kramten sozusagen etwas mit auf dem Bauernhof.<br />

Ich habe dort noch ein Objekt der Hitlerjugend*, das ich in Deutschland<br />

bekommen hatte, unter den Dachziegeln auf dem Heuboden<br />

versteckt. Die Erwachsenen spielten am Samstagabend ein Spiel, das<br />

Mahjong hieß, und wir Kinder gingen dann mit einem Glas Brauselimonade<br />

nach oben. An sich fühlte ich mich dort ganz wohl, aber ich<br />

fand damals schon, dass Vater seine Familie kaputt gemacht hatte. Es<br />

war natürlich, so gut wie wir es in Drenthe auch hatten, keine normale<br />

Situation. Vater war Herzpatient, aber als Kinder wussten wir das damals<br />

nicht.<br />

Dann kam die Befreiung, im Frühjahr 1945. Eltje Loman sagte dann<br />

zu meinem Vater: ‚Bis vor zehn Minuten war ich Kommandant des<br />

Widerstandes, aber jetzt habe ich mein Amt niedergelegt. Denn jetzt<br />

kommt der Pöbel auf die Straße. Sie werden nachher festgenommen.‘<br />

Tatsächlich wurden wir festgenommen und zusammen mit anderen<br />

nach Odoorn, zum Hotel Bos gebracht. Wir saßen alle dort etwa zwei<br />

bis drei Tage im Hochzeitssaal. Dann wurde eine Art <strong>von</strong> Jugendführer<br />

angewiesen, der sich um die fünfzig bis sechzig Kinder kümmern<br />

sollten. Ich höre noch, wie so ein doofer Mann um die vierzig, er hatte<br />

ein schiefes Bein, sagte: ‚Nimm jetzt aber ordentlich Abschied <strong>von</strong><br />

deinem Vater und deiner Mutter, denn es wird ihnen genauso ergehen<br />

wie den Juden, du wirst sie nie wiedersehen.‘ Daran habe ich immer<br />

wieder zurückgedacht. Ich konnte damals und auch später für viele<br />

Dinge Verständnis haben, aber so ein Kerl <strong>von</strong> vierzig, das habe ich<br />

wirklich nicht kapiert. Er war dann doch gar nicht besser als der ganze<br />

Pöbel zusammen, der dort gefangen saß.<br />

Mein Vater und meine Mutter wurden dann ins Lager Westerbork gebracht.<br />

Wir mussten wieder nach Odoornerveen und es war sehr heiß. Ich und<br />

meine Schwester wurden getrennt. Nachts wurden wir <strong>von</strong> diesem<br />

Mann mit dem schiefen Bein getreten. Es waren nicht gerade die nettesten<br />

Leute, die sich dazu hergaben, auf uns aufzupassen. Aber wir<br />

Jungen haben dieses Hinkebein einmal mit ins Kornfeld gelockt und<br />

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