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Regionale Schulgeschichte - oops - Carl von Ossietzky Universität ...

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Mein Vater hatte einen Bruder und eine Schwester. Vaters Bruder ist<br />

während der Gefangenschaft seines Vaters <strong>von</strong> einer Schwester seiner<br />

Mutter erzogen worden. Mein Vater ist bei seiner Mutter und bei seinem<br />

Opa aufgewachsen. Mein Vater und auch sein Bruder und seine<br />

Schwester wussten eigentlich ganz lange nicht, was ihr Vater im Krieg<br />

eigentlich genau gemacht hatte. Ich denke, dass auch der Halbbruder<br />

und die Halbschwester meines Vaters nichts da<strong>von</strong> gewusst haben, bis<br />

sie in die Jahre kamen. Oma war nämlich ziemlich jung verstorben<br />

und mein Opa hat später wieder geheiratet. Seine zweite Frau war ein<br />

ganzes Stück jünger und aus dieser Ehe sind auch noch Kinder geboren.<br />

Als Kind kamen wir oft zu meinem Opa. Bei ihm spielte immer der<br />

deutsche Radiosender. Er war wirklich sehr auf Deutschland orientiert.<br />

Er trug auch immer so eine deutsche Mütze. Im Auto, unterwegs<br />

zu Opa, machten mein Zwillingsbruder und ich darüber auch immer<br />

Witze. Wir sagten dann: ‚Opa könnte glatt so ein alter Nazigeneral<br />

sein.‘ Vorne im Wagen blieb es dann ziemlich still. Meine Eltern<br />

sagten darüber nie so viel. Irgendwann, als ich elf oder zwölf Jahre alt<br />

war, fiel das entscheidende Wort: ‚Wir müssen dir etwas erzählen,<br />

Opa ist im Krieg tatsächlich fout gewesen.‘ Ich denke selbst, dass<br />

mein Opa bis zu seinem Tod immer auf die gleiche Art und Weise gedacht<br />

hat. Er hat nach seiner Gefangenschaft ein zurückgezogenes Leben<br />

geführt. Er lebte recht abgelegen und er hielt Tiere. Er hatte,<br />

denke ich, die Tiere lieber als Menschen. Er hatte einen Hund, der<br />

durfte am Tisch mitessen, und auch die Katzen durften alles machen.<br />

Opa hatte meiner Meinung nach seinen Glauben an die Menschen etwas<br />

verloren. Denn das ist keine Kleinigkeit, zwölf Jahre im Gefängnis.<br />

Und dies, wenn man auch noch bedenkt, dass man nichts Falsches<br />

gemacht hat.<br />

Ich habe meinen Opa deswegen nie verurteilt. Natürlich weiß ich, was<br />

er getan hat. Man schaut mit anderen Augen, wenn er zum Beispiel<br />

ein Widerstandsheld gewesen wäre. Aber es ist seine eigene Wahl<br />

gewesen, sein eigenes Leben. Opa war Lehrer. Er hat sich nach seiner<br />

Haft selbständig gemacht. Es war für ihn auch schwer, wieder Fuß zu<br />

fassen. Er hat eine Abendschule gegründet. Opa unterrichtete unter<br />

anderem Sprachen. Mein Vater war auch Lehrer und hat gelegentlich<br />

auch mal für Opas Abendschule gearbeitet.<br />

Als vor einigen Jahren ein Film über das Leben meines Vaters gemacht<br />

wurde, kamen meine Mutter, zwei meiner Brüder und auch ich<br />

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