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Regionale Schulgeschichte - oops - Carl von Ossietzky Universität ...

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Es ist eigentlich erst einige Jahre her, dass ich dahinter kam, dass mein<br />

Vater in Vught gesessen hatte. Eines Tages sagte er so etwas wie: ‚Du<br />

weißt ja, dass ich einige Jahre gesessen habe.‘ Als ich darauf einging<br />

sagte er, dass er verurteilt worden sei und in diesem Lager gewesen<br />

ist. Mehr wollte er dazu nicht sagen. Ich wollte jedoch auch die Akten<br />

im Rijksarchief, dem Reichsarchiv in Den Haag, einsehen, aber dazu<br />

musste mein Vater die Zustimmung erteilen, und das wollte er nicht.<br />

Meine Mutter ist schon verstorben. Als Mutter ins Pflegeheim musste,<br />

hat sie furchtbar viel Angst gehabt. Sie hatte damals schon eine leichte<br />

Demenz und Angst, dass sie über die NSB-Vergangenheit reden<br />

würde. Später, als sie völlig dement war, kamen die wirklichen<br />

Ängste. Sie sagte dann: ‚Kommt die Polizei?‘ oder ‚Ist Krieg?‘ Alle<br />

Dinge, die sie erlebt hatte, kamen wieder hoch. Sie hatte immer geschwiegen,<br />

obwohl meine Eltern nie aus der Familie verstoßen worden<br />

sind wegen ihrer NSB-Vergangenheit.<br />

Ich denke, dass auch mein Vater die Vergangenheit verdrängt hat.<br />

Eines Tages las ich einmal etwas über Herkenning* in einem Blatt der<br />

Krankenkasse. Es hat wohl an die drei Jahre gedauert, bevor ich mich<br />

traute, dort anzurufen, um nach Informationen zu fragen. Und als ich<br />

das dann schließlich tat, war es sozusagen für meine Arbeit. Als ich<br />

dieses Informationsmaterial durchlas, war ich völlig durcheinander –<br />

so sehr konnte ich das alles nachvollziehen, es stimmte wirklich alles.<br />

Später hat mich jemand <strong>von</strong> Herkenning angerufen. Diese Person<br />

sagte: ‚Ich habe Ihnen eine Broschüre geschickt. Sie sagten, das sei<br />

für Ihre Arbeit. Ist das wirklich so, oder ist das für Sie selbst?‘ Ja, und<br />

dann musste ich wohl oder übel sagen, dass ich für mich selbst angerufen<br />

hatte. Ich arbeitete damals bei Correlatie*.<br />

Die Informationen begannen in mir zu wirken. Ich musste damit etwas<br />

anfangen, und ich wollte zu so einem jährlichen Wochenende <strong>von</strong><br />

Herkenning gehen. Aber das erste Mal war es mir zu nah an meinem<br />

Wohnsitz. Das darauffolgende Jahr war es dann etwas weiter weg, irgendwo<br />

draußen in den Wäldern, und da fühlte ich mich ein wenig sicherer.<br />

Ich bin damals dort hingegangen und es war ganz emotional.<br />

Das Geheimnis, dass mein Vater bei der NSB gewesen war und dass<br />

ich darüber vor meiner Mutter nicht reden durfte, das hat einen Einfluss<br />

auf mich gehabt, vor allem weil ich nicht wusste, was das alles<br />

bedeutete. Und ich hörte in der Umgebung auch immer etwas über<br />

‚dreckige NSBer‘ sprechen.<br />

Dieses Geheimnisvolle hat ganz viel Einfluss auf unsere Familie gehabt.<br />

Wir hatten auch keine Freunde. Es kam eigentlich nie jemand zu<br />

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