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Regionale Schulgeschichte - oops - Carl von Ossietzky Universität ...

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Antje Boer:<br />

„Dort arbeiteten auch Juden aus dem Westen des Landes. Während<br />

des Krieges war es ein Lager, in dem Juden gefangen gehalten wurden,<br />

und gegen Ende des Krieges hielten sich dort auch NSB-Frauen<br />

und -Kinder auf, die aus Deutschland zurückkamen. Persönlich weiß<br />

ich nicht mehr so ganz viel aus der Lagerzeit. Aber bestimmte Bilder<br />

sind mir immer noch im Kopf. Ich weiß wirklich nicht mehr, wie<br />

lange ich in diesem Lager gesessen habe. Ich weiß nur, dass ich bei<br />

einem Bauern auf dem Land arbeiten musste während der Zeit, in der<br />

ich im Lager saß. Und ich erinnere mich, dass ich kahlrasiert war. Als<br />

ich wieder einmal draußen auf dem Land war und dabei unseren Petroleumhändler<br />

traf, hat der mir versprochen, dass er dafür sorgen<br />

würde, dass ich aus dem Lager herauskäme. Er hat damals tatsächlich<br />

dafür gesorgt, dass ich zu seiner Tochter gehen durfte. Die Tochter<br />

bekam ihr drittes Kind und brauchte Hilfe. Er hat also tatsächlich dafür<br />

gesorgt, dass ich freikam.<br />

Als mein Vater freikam, hatten wir nichts mehr. Ein Knecht, der schon<br />

als junger Bursche bei uns in Kost war und bis zuletzt in unserem<br />

Haus wohnte, hatte den gesamten Hausrat gestohlen. Sogar unsere<br />

Sparbüchsen waren leergeraubt. Das ist ganz bitter. Und es war nicht<br />

richtig, meine ich, dass meine Eltern wieder mit nichts anfangen<br />

mussten. Sie hatten früher auch schon mal mit nichts anfangen müssen.<br />

Mein Bruder wollte ab und zu mit mir über diese Dinge reden, aber er<br />

konnte dann derart böse werden, dass ich mit ihm darüber absolut<br />

nicht reden wollte. Mein Bruder konnte sich auch nicht vorstellen,<br />

dass ich keine Hassgefühle mehr habe. Meine Eltern haben sich später<br />

auch nie dafür eingesetzt, dass sie ihre Sachen zurückbekamen oder<br />

aber Schadensersatz erhielten. Nachdem meine Mutter aus dem Lager<br />

freikam, ist sie Haushälterin in einem Dorf in der Umgebung geworden.<br />

In dem Dorf habe ich auch meinen Mann kennengelernt. Ich bin<br />

damals noch ein Jahr in Hilversum im Pflegedienst gewesen. Ich<br />

konnte in Hilversum eine Unterkunft bei der Familie eines guten Kunden<br />

meines Vaters bekommen. Dort bin ich ein Jahr lang gewesen und<br />

nach meiner Hochzeit mit meinem Mann in die Stadt Groningen gezogen.<br />

In Hilversum durfte ich natürlich nicht über die NSB-Mitgliedschaft<br />

meines Vaters reden. Meine Mutter war übrigens kein Mitglied der<br />

NSB. Als junges Mädchen habe ich die Dinge einfach verdrängt, sozusagen<br />

weggesteckt. Ich wollte selbst gar nicht mehr darüber reden.<br />

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